Autor: Manfred Tisal Bild: Parlamentsdirektion / Johannes Zinner
Wer letzten Donnerstag ab 9 Uhr bis 19 Uhr auf ORF III oder wechselweise auf ORF 2 der heiß erwarteten Nationalratsdebatte das Ohr geschenkt hat, muss sich als Bürger dieses Landes vorgekommen sein wie das Krokodil, das vom Kasperl erschlagen wird. Erschlagen von neuen Gesetzen, Gesetzesvorlagen, Anträgen und Beschlüssen. Im Vorprogramm die größte und bürgerentlastendste Steuerreform aller Zeiten, inclusive Öko-Steuer, die angesichts der steigenden Preise in allen Bereichen wie ein Faustschlag ins Gesicht der ohnehin schon bis zur Obergrenze belasteten Steuerzahler ist. Der Staat kassiert und gibt zurück. Stellt sich die Frage, warum er dann kassiert. Eine Reform, die bei Weitem nicht ausgereift und in ihrer Form für viele noch mehr als unverständlich ist. Wenn man die Gesichter der Abgeordneten durch die Flimmerkiste beobachtet hat, so erweckte dies den Eindruck, dass einige im hohen Haus selbst „auf der Seife“ gestanden sind. Aber es wurde beschlossen. No na, wer wird so einem historisch bedeutsamen Schachzug der Staatsfinanz schon eine Absage erteilen. Schon gar nicht, wenn es darum geht, dem Klimawandel mit zusätzlichen Mitteln aus der Tasche der Bürger den Kampf anzusagen.
Und dann, müde vom zahlreichen Geplänkel über die sowieso schon im Vorfeld beschlossene Reform, der Jahrhundertentscheidung der Demokratie zu Gunsten einer Demokratur ein Schnippchen zu schlagen: die Impfpflicht. Einzig mögliches Mittel, dem unerforschten und noch weitgehend in seinem Mutationsbemühen rätselhaften, unbekannten pandemischen Feind, geckobewaffnet entgegenzutreten. Eine lotteriegeförderte Pflicht, deren Wirksamkeit, Sinnhaftigkeit und vor allem Exekution im Straffall immer noch nicht geklärt ist.
Wohlgemerkt geht es nicht um das Impfen, sondern um die Pflicht. Denn wer davon überzeugt ist, dass Impfen hilft, dem steht es frei, sich auch den Stich geben zu lassen. Es geht einzig um das Recht, über seinen Körper selbst zu entscheiden. Und dann die Abstimmung im Parlament. Ein Zeugnis dafür, wie leicht es ist, demokratische, in der Verfassung geregelte Grundrechte über den Haufen zu werfen. Jetzt muss man sich impfen lassen, um nicht von Polizisten im Straßenverkehr z. B. zur Kasse gebeten zu werden. Damit treibt man es auf die Spitze. Abgesehen davon, dass selbst die Polizei keine Freude an der neuen Aufgabe hat, quält mich der Gedanke, was passiert, wenn ein Polizist ein öffentliches Verkehrsmittel, zum Beispiel einen voll besetzten Bus aufhält, um die Impfpässe oder Handy-Updates zu kontrollieren. Aber beschlossen ist beschlossen. Es ist 19 Uhr und bis zur ZIB 2 soll das Ergebnis der Abstimmung feststehen. Das ist man dem Öffentlich Rechtlichen schuldig. Punkt und aus!
Manfred Tisal ist Kabarettist, Moderator, Autor und Journalist.