Mögliche Ursachen: Rückkehr von Gastarbeitern oder mangelnde Hygiene
Die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) wird trotz des Linksdralls einzelnen Auslandskorrespondenten ihrem Ruf als „Westfernsehen“ – sohin eines Mediums, das Themen aufgreift, die viele Journalisten zu behandeln scheuen und sich lieber der altbekannten Schweige-Spirale (Elisabeth Noelle-Neumann) unterwerfen – gerecht. Zum Beispiel durch einen umfangreichen Bericht mit dem Titel „Quarantäne für die Roma in der Slowakei“ in der NZZ-Druckausgabe vom 23. April.
Vorausgeschickt sei hier: In diesem Text werden die Begriffe „Zigeuner“ und „Roma“ aus stilistischen Gründen abwechselnd verwendet. Keineswegs ist damit die Absicht verbunden, durch die Verwendung der einen oder auch der anderen Bezeichnung jemandem nahezutreten, sondern es wird versucht, aus Respekt vor dieser verstreuten Volksgruppe deren Eigenbenennung gerecht zu werden. Denn während sich Teile als Roma verstehen und den Begriff Zigeuner als abwertend beurteilen, ist es in Ungarn und Rumänien genau umgekehrt. Die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller äußert sich wie folgt: Ich bin mit dem Wort „Roma“ nach Rumänien gefahren und bin damit überall auf Unverständnis gestoßen. Ähnlich der leider schon verstorbene ungarische Schriftsteller Péter Esterházy: Niemand versteht bei uns, weshalb es das Hin und Her mit den Roma und Sinti gibt, weshalb wir nicht „Zigeuner“ sagen, wenn die einerseits Zigeuner sind, andererseits sie selbst sich Zigeuner nennen.
Zur Sache. In der Ostslowakei sind drei Roma-Dörfer mit rund 6.000 Bewohnern unter Quarantäne gestellt worden. Ein von England zurückgekehrter Gastarbeiter habe sich nicht an die behördlich vorgeschriebene Isolation gehalten. Der neue slowakische Ministerpräsident Igor Matovic begründet dies auch damit, die Infektionsrate unter der Volksgruppe sei zehnmal höher als unter der übrigen Bevölkerung. Die NZZ beschreibt die Lage: Fast die Hälfte der 440.000 Angehörigen der Minderheit in der Slowakei lebt in heruntergekommenen Plattenbauten oder in Hütten, an ungeteerten Straßen und unter erschwerten hygienischen Bedingungen … Die NZZ illustriert die Lage durch ein Bild, das einen Soldaten mit Mundschutz vor einer verrosteten Wellblechhütte zeigt.
Im selben Artikel wird zudem berichtet, auch in Rumänien und Bulgarien seien in einigen Wohngebieten der Volksgruppe Sondermaßnahmen ergriffen worden, etwa in zwei von Zigeunern besiedelten Stadtvierteln von Sofia. Die NZZ wörtlich: Allein ein Sechstel aller Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 entfällt in Bulgarien auf die beiden äußerst dicht besiedelten Stadtteile. Was Rumänien anlangt ist zu lesen: In Rumänien wurde Tandarei als zweite Stadt des Landes unter Quarantäne gestellt.
Und weiter, gleichsam als Fazit: Für die Sondermassnahmen in Roma-Siedlungsgebieten gibt es also in Bulgarien und Rumänien durchaus objektive Begründungen, etwa die hohen Fallzahlen. Zudem erschweren die katastrophalen hygienischen Bedingungen in Nadjeschda oder Stolipinowo, der größten Roma-Siedlung Europas, … tatsächlich die staatlichen Massnahmen zur Eindämmung des Virus beträchtlich.
[Autor: E.K.-L. Bild: Wikipedia/Ing.Mgr.Jozef Kotulič Lizenz: ]