Preßburg dürfte etwas schneller reagiert haben
Über die derzeitige Lage bei unseren beiden östlichen Nachbarn ist nicht viel zu hören. Was an sich ein gutes Zeichen ist. Kein europäisches Land möchte so in der Auslage stehen wie das mediterrane Trio Italien–Frankreich–Spanien.
Schauen wir uns einmal die Situation in Ungarn und in der Slowakei an. Auszugehen ist davon, dass die Ausbreitung des Virus in beiden Staaten zur selben Zeit begonnen hat: bei den Magyaren am 4. März, bei den Slowaken 48 Stunden später. Bereits zwei Tage darauf, am 8. März, verfügt Preßburg die Schließung eines Großteils der Universitäten, wenige Tage später werden die übrigen Schulen sowie alle Gaststätten geschlossen. Budapest folgt erst am 16. März mit diesen Maßnahmen. Was die Matura betrifft, halten die Magyaren die Prüfungen wie gewohnt ab, Preßburg hat sich dafür entschieden, Reifezeugnisse mit den Durchschnittsnoten der letzten vier Jahre auszugeben – eine Prüfung ist allerdings möglich, wenn jemand eine bessere Note will.
Derzeit sind 1.381 Slowaken am Virus erkrankt, in Ungarn sind es 2.583. Da die Slowakei beiläufig nur halb so viele Einwohner hat wie ihr südlicher Nachbar, ist ein Vergleich der Zahl der Kranken pro Million Einwohner zielführender. Und siehe da, die Quote ist praktisch gleich hoch: Slowakei 253, Ungarn 255.
Ein erheblicher Unterschied ist freilich bei der Anzahl der Toten – 18 in der Slowakei, 280 in Ungarn –zu sehen, wobei hier die allenfalls unterschiedliche statistische Erfassung außer Acht bleibt, vor allem: Tod durch das Virus direkt oder eben – nach positivem Test – durch andere Ursachen. Apropos Test: Da ist Preßburg mit 70.928 Testungen etwas fleißiger als Budapest (63.505).
Die eklatant höhere Zahl der Verstorbenen in Ungarn ist auf das wesentlich höhere Durchschnittsalter (mehr als 55 Jahre) der am Virus Erkrankten zu erklären, während es in der Slowakei 40,3 Lebensjahre sind, denn die Alterskohorte mit den meisten Erkrankten ist diejenige zwischen 30 und 44 Jahren (dann folgen die Jungen zwischen 15 bis 29 Jahre).
Ein gutes Beispiel für Transparenz zeigt eine Liste der ungarischen Gesundheitsbehörde, die für jeden Verstorbenen, bei dem der Test positiv ausgefallen ist, folgende Daten anzeigt: Geschlecht, Lebensalter und die Grunderkrankungen. Bei den meisten ist dies: Lungenleiden, Demenz, Parkinson, Niereninsuffizienz, Herzschwäche, Krebs. Das bedeutet: Der Virenbefall ist praktisch immer der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Beruhigt können auch die burgenländischen Landsleute an der Grenze zu Ungarn sein, denn in Westungarn (Komitate Vas sowie Györ-Moson-Sopron) gibt es unter den rund 720.000 Bewohnern derzeit bloß neunzig Personen, die an Corona erkrankt sind.
Was die Pflicht zum Tragen der Gesichtsmasken in der Öffentlichkeit angeht, so ist dies bei den Magyaren derzeit nur in einigen Komitaten vorgeschrieben; Budapest konzentriert seine Anstrengungen auf die Versorgung des medizinischen Personals mit Schutzausrüstung. Dies im Sinne des ökonomischen Grundsatzes, wonach es auf die optimale Allokation knapper Ressourcen ankommt. Das ist sehr weitsichtig, denn eine störungsfreie ärztliche Behandlung ist weitgehend davon abhängig, dass Mediziner und Krankenpflegepersonal bestmöglich geschützt sind und dadurch gesund bleiben.
In der Slowakei ist das Maskentragen im öffentlichen Raum bereits im März verpflichtend. In Erinnerung ist noch die Angelobung der neuen Regierung des Igor Matovič am 20. März, wo sämtliche Teilnehmer mit Mundschutz und Handschuhen versehen sind. Staatspräsidentin Zuzana Čaputová ist sich ihrer Vorbildwirkung bewusst – sie tritt mit einer modischen Gesichtsmaske in Erscheinung.
[Autor: E.K.-L. Bild: Wikipedia/Hujber Tünde Lizenz: ]