Autor: E.K.-L.
Gewaltiger Fidesz-Erfolg bei den Auslandsungarn
Seit Sonntag (10. April) liegt das offizielle Endergebnis der Neuwahl des Parlaments vom 3. April vor. Es sind nunmehr auch die Stimmen der Auslandsungarn berücksichtigt. Hier gilt es, zwei Kategorien zu unterscheiden. Wobei der wesentliche Unterschied ist, ob ein Wahlberechtiger in Ungarn einen Wohnsitz hat oder nicht.
Diejenigen im Ausland lebenden Stimmberechtigten, die über einen Wohnsitz in Ungarn verfügen, konnten rund um den Globus in einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung persönlich ihr Wahlrecht ausüben. Diese Personen haben sowohl eine Erststimme (Wahl eines Direktkandidaten in einem Wahlkreis) als auch eine Zweitstimme (Wahl einer Landesliste der Parteien).
In 145 Außenvertretungen in 97 Ländern ließen sich 65.500 Bürger mit Wohnsitz in der Heimat registrieren, von denen letztlich gut 57.600 von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten. Am Nachmittag des 6. April traf auch die letzte versiegelte Urne aus dem Ausland ein. Es handelte es sich um eine Wahlurne, die in Hanoi aufgegeben wurde und 36 Stimmen enthielt.
Die Möglichkeit per Brief zu wählen, haben Stimmbürger ohne Wohnsitz in Ungarn. Es handelt sich dabei um ethnische Magyaren jenseits der Trianon-Grenze mit doppelter Staatsbürgerschaft. Also solche, die in den ungarischen Siedlungsgebieten des heutigen Rumäniens (Siebenbürgen), Serbiens (Batschka und Banat), der Slowakei (entlang deren Südgrenze zu Ungarn) und der Ukraine (Karpaten-Ukraine) leben.
Für die Briefwahl haben sich 456.000 Auslandsungarn im Vorfeld der Parlamentswahl registrieren lassen. Da bei den Briefwählern mangels Wohnsitzes in Ungarn kein örtlicher Anknüpfungspunkt vorliegt, können sie nur eine Zweitstimme für eine bestimmte Landesliste abgeben.
Wie hat sich dadurch das vorläufige Endergebnis (135 Fidesz-KDNP, 56 Oppositionsbündnis „Einheit für Ungarn“ [Egységben Magyarországért], 7 Heimatbewegung [Mi házánk Mozgalom], 1 Ungarndeutscher) verändert?
Erstens ist der Budapester Wahlbezirk 13 (16. Stadtbezirk im Nordosten) zugunsten der Opposition gekippt. Der Fidesz-Bewerber Kristóf Szatmáry (46) hatte nach dem vorläufigen Ergebnis einen denkbar knappen Vorsprung von 38 Stimmen, jetzt hat der Postkommunist Zoltán Vajda (47) die Nase vorn, mit 468 Stimmen. Dadurch ist das oppositionelle Bündnis mit 57 Mandaten im Parlament vertreten.
Zweitens vermochte die Fidesz-KDNP durch einen weit höheren Stimmenanteil bei den Auslandsungarn ein zusätzliches Listenmandat erringen, sodass die Mandatszahl von 135 im Endeffekt gleichgeblieben ist. Verlierer ist die Heimatbewegung, welche jetzt nur mehr sechs Mandate innehat. Sie kann aber trotzdem eine Fraktion in der Volksvertretung bilden (dafür sind zumindest fünf Sitze notwendig), was Vorteile mit sich bringt (Vertretung in den Ausschüssen, finanzielle Förderung).
Bekanntlich führten Beobachter außerhalb Ungarns – etwa Ernst Gelegs vom ORF oder der Analytiker Paul Lendvai – den Erfolg von Viktor Orbáns Fidesz zu einem Teil auf die ihrer Meinung nach von der Regierung beherrschten Medien zurück. Diese Annahme kann nach der Auszählung der Stimmen der Auslandsungarn nicht mehr aufrechterhalten werden. Denn die außerhalb des Landes lebenden Wahlberechtigten standen naturgemäß nicht im Banne der angeblichen Fidesz-Propagandamaschine und stimmten trotzdem mit über neunzig Prozent (!) für die Regierungsparteien; magere vier Prozent entfielen auf das Oppositionsbündnis und bloß ein Prozent auf die Heimatbewegung.