Auch ohne EMRK gibt es ausreichenden Grundrechtsschutz

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Menschenrechts-Gerichtshof gefällt sich in der Rolle des Gesetzgebers

Bundespräsident Alexander Van der Bellen sah wieder einmal bemüßigt, sich gegen die Freiheitlichen zu Wort zu melden. „Die Europäische Menschenrechtskonvention steht in Österreich seit 59 Jahren im Verfassungsrang. An ihr zu rütteln, wäre eine Aufkündigung des Grundkonsenses der Zweiten Republik“, sagte das Staatsoberhaupt. Zuvor hatte Innenminister Herbert Kickl in der ORF-Sendung „Report“ kritisch zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) geäußert. Der FPÖ-Minister sprach von „irgendwelchen seltsamen rechtlichen Konstruktionen, teilweise viele, viele Jahre alt aus ganz anderen Situationen heraus entstanden“. Darüber wolle er eine Diskussion führen, denn er „glaube immer noch, dass der Grundsatz gilt, dass das Recht der Politik zu folge hat und nicht die Politik dem Recht“.

Als die EMRK vom Europarat ausgearbeitet und 1950 unterzeichnet wurde, herrschten tatsächlich andere Verhältnisse. Der Zweite Weltkrieg und die Schrecken der NS-Diktatur lagen nur wenige Jahre zurück, zudem war Europa geteilt, in der Osthälfte des Kontinents herrschten kommunistische Unterdrückungsregime.

Ein weiteres – und viel größeres – Problem stellt der Umstand dar, dass die EMRK, etwa in Asylfragen, vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) exzessiv ausgelegt wird. Große Auswirkungen hatte etwa eine EGMR-Entscheidung aus dem Jahr 2011. Belgien wurde verurteilt, weil es den EU-Vorschriften entsprechend, einen Asyltouristen nach Griechenland abgeschoben hatte. Die Damen und Herren in den Roben befanden, weil in Griechenland andere Haft- und Lebensbedingungen herrschen, hätte Belgien gegen Art. 3 EMRK (Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung) verstoßen. Diese Vorschrift bedeutete eine weitreichende Aushebelung des EU-Asylrechts.

Im Oktober 2005 verurteilte der EGMR Großbritannien, weil einem Häftling das Wahlrecht entzogen wurde. Der Mann saß wegen Totschlags eine lebenslange Haftstrafe ab. Mit seiner Rechtsprechung maßt sich der EGMR, dessen Mitglieder von niemandem gewählt wurden, zunehmend die Rolle des Gesetzgebers an. Wie das mit Artikel 1 Bundesverfassungs-Gesetz, wonach in Österreich das Recht vom Volk auszugehen hat, vereinbar ist, können und wollen die Befürworter der EMRK nicht erklären. Wenn der EGMR zunehmend als  Gesetzgeber tätig wird, wird eine rechtsstaatlich höchst bedenkliche Entwicklung beschritten. Denn bereits der „Vater“ der Gewaltenteilung, Baron de Montesquieu (1689-1755) warnte: „Freiheit gibt es auch nicht, wenn die richterliche Befugnis nicht von der legislativen und von der exekutiven Befugnis geschieden wird.“

Im Übrigen hätte Österreich auch ohne die Europäische Menschenrechtskonvention einen ausreichenden Grundrechtsschutz. Denn nach Artikel 149  des Bundesverfassungs-Gesetzes gilt das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger im Verfassungsrang. Dieses Staatsgrundgesetz, das aus dem Jahr 1867 stammt, hält etwa fest, dass „vor dem Gesetze alle Staatsbürger gleich sind“. Auch werden die Unverletzlichkeit des Eigentums, des Hausrechts und des Briefgeheimnisses, die Versammlungs- und Meinungsfreiheit, Glaubensfreiheit oder die Freiheit von Wissenschaft, Lehre und Kunst garantiert. Die sollte bei der Diskussion um die EMRK, die vielen als eine Art heilige Kuh gilt, ebenfalls berücksichtigt werden.

B.T.

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