Regula Rytz, Chefin der Grünen Partei der Schweiz (GPS), scheitert gegen den liberalen Mitbewerber
Am11. Dezember 2019 hat die in Bern zusammengetretene Bundesversammlung der Schweiz den Bundespräsidenten, die Mitglieder der Regierung sowie den Bundeskanzler gewählt. Die Bundesversammlung besteht aus den beiden Kammern der Volksvertretung (Nationalrat mit 200 Mitgliedern sowie dem Ständerat mit 46 Mandataren. Die siebenköpfige Regierung heißt bei den Eidgenossen Bundesrat. Dessen Mitglieder werden seit 1959 nach der sogenannten Zauberformel bestellt, konkret heißt das: die drei stärksten Fraktionen stellen je zwei, die viertstärkste Partei nur einen Bundesrat. Derzeit lautet das Verhältnis: zwei Nationalkonservative der Schweizerischen Volkspartei (SVP), zwei Sozialdemokraten (SPS), zwei Liberale der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP; offiziell seit 2009: „FDP.Die Liberalen“) sowie ein Christdemokrat der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP; Fraktionsname „Mitte“). Zur personellen Zusammensetzung siehe weiter unten.
In historischer Hinsicht ist anzumerken: Von den 119 Bundesräten seit 1848 gehören 56 der FDP an. Dies deswegen, weil die Liberalen – oder Freisinn, wie die Eidgenossen sagen – zwischen 1848 und 1891 alle Regierungsmitglieder stellen. Erst dann gelangt ein Katholisch-Konservativer (heute: CVP) in den Bundesrat, es folgen 1929 die Bürger-, Gewerbe- und Bauernpartei BGB (heute: SVP) und schließlich 1943 die Sozialdemokraten. Regional betrachtet stammen die meisten Bundesräte aus dem Kanton Zürich (20 von 119), während die Kantone Schaffhausen, Uri, Schwyz und der ehemalige Halbkanton Nidwalden noch nie ein Regierungsmitglied stellten; ebenso wenig der überwiegend frankophone Kanton Jura, der sich 1979 vom Kanton Bern abspaltet.
Der Bundespräsident wird für jeweils ein Kalenderjahr aus der Mitte der Regierung gewählt, ist gleichsam primus inter pares im Kabinett und entbehrt jeglicher Vorrechte, die hierzulande für den Träger des gleichnamigen Amtes typisch sind. Er ist weder Regierungschef noch Staatsoberhaupt. Für 2020 hat die Bundesversammlung mit großer Mehrheit (192 Stimmen) die Bundesrätin Simonetta Sommaruga, eine Sozialdemokratin, gewählt. Sie löst Ueli Maurer (69) von der SVP ab.
Unter dem Amt des Bundeskanzlers verstehen unsere westlichen Nachbarn etwas ganz anderes als wir. Er ist nämlich nicht Haupt der Regierung, sondern gleichsam der Generalsekretär des Kabinetts. Der Bundeskanzler heißt Walter Thurnherr, er ist heute mit 219 Stimmen in dieser Funktion, die er seit 2016 ausübt, bestätigt worden.
Nun zu den Regierungsmitgliedern. Seit der Nationalratswahl am 20. Oktober 2019 beansprucht die Grüne Partei der Schweiz (GPS) einen Sitz im Bundesrat. Dabei haben es die Grünen auf den zweiten Regierungssitz der FDP-Liberalen abgesehen. Das Vorhaben misslingt, denn die Grünen-Chefin Regula Rytz unterliegt gegen den bisherigen FDP-Bundesrat Ignazio Cassis. Rytz erhält 82 Stimmen, sohin eine weniger als Grün und Rot in der Bundesversammlung verfügen. Keinerlei Sukkurs erhält Rytz von den Grünliberalen mit deren 16 Sitzen – eine maßlose Enttäuschung für die Grüne Partei, die praktisch dieselben Anliegen wie die Sozialdemokraten verfolgt. Ignazio Cassis setzt sich gegen sie mit 145 Stimmen souverän durch. Dabei kommt ihm der Umstand zugute, dass er das einzige Regierungsmitglied aus der italienischen Schweiz (Kanton Tessin) ist.
Außer Cassis werden folgende Personen in die Regierung gewählt (in Klammer Partei und Stimmenanzahl): Ueli Maurer (SVP, 213), Simonetta Sommaruga (SPS, 192), Viola Amherd (CVP, 218), Alain Berset (SPS, 214), Guy Parmelin (191) sowie Karin Keller-Sutter (FDP, 169). Die relativ geringe Stimmenanzahl für die Liberale Keller-Sutter ist bedingt durch eine halbherzige Unterstützung durch die SVP, denen sie ein wenig zu links agiert.
[Autor: E.K.-L. Bild: www.wikipedia.org/Hadi Lizenz: CC BY-SA 3.0]