Ostasienexperte Albrecht Rothacher über die Rolle Chinas in der Coronakrise, den Streit Pekings mit Washington und krisenbedingte Gefahren für Europa
Zuerst hat US-Präsident Trump die Chinesen für ihre Bemühungen zur Eindämmung des Coronavirus gelobt, und nun werden Forderungen nach Schadenersatz laut. Was steckt dahinter? Will Trump von den vielen Corona-Toten im eigenen Land ablenken?
Albrecht Rothacher: Ich traue mir nicht zu, die ständig wechselnden Ansichten des amerikanischen Präsidenten zu deuten. Klar ist, dass das Virus in den unglaublichen hygienischen Zuständen der chinesischen Tierhaltung und der Lebendviehmärkte, die nicht zum ersten Mal Brutstätten für weltweite Seuchen sind, entstanden ist und die erste Verbreitung unter Menschen von der kommunistischen Führung bewusst verschwiegen wurde. Insofern ist ihre schuldhafte Verantwortung eindeutig. Schadenersatzforderungen erscheinen durchaus berechtigt. Die Frage ist nur, wie man sie geltend machen kann.
Wären Schadenersatzforderungen wegen des Potenzials für eine weitere Eskalation in den amerikanisch-chinesischen Beziehungen und des Handelsstreits nicht kontraproduktiv?
Rothacher: Gute Frage. Die Amerikaner und wir Europäer sitzen aber am längeren Hebel. Denn die chinesische Wirtschaft ist angesichts ihrer massiven Handelsüberschüsse viel mehr von den amerikanischen und europäischen Märkten abhängig als wir umgekehrt vom weitgehend abgeschotteten chinesischen Markt, von der deutschen Automobilindustrie, die sich in China überinvestiert hat, einmal abgesehen.“
Wie soll sich die EU in dem Streit zwischen den USA und China verhalten? Neutral bleiben? Eine Seite unterstützen und wenn ja, welche?
Rothacher: Neutralität ist immer schön, wenn man keinen Mut und keine Machtmittel hat oder sich uneinig ist. Die Chinesen sind ja schon dabei, sich einige unsichere Kantonisten in der EU einzukaufen, Griechenland und Ungarn zum Beispiel. Bei allen Unzulänglichkeiten und Schlampereien der ersten Reaktionen sind wir ja wie die Amerikaner Opfer des chinesischen Viruses geworden, das jetzt eine massive Rezession, Einkommensverluste und Massenarbeitslosigkeit auslöst. Insofern haben wir die gleichen Interessen.
Ist etwas dran an den US-Vorwürfen, China habe die Weltgesundheitsorganisation WHO unterwandert?
Rothacher: Da ist sehr viel dran. Der aktuelle äthiopische Präsident der WHO, ein früherer Kommunist, der kein Arzt ist, von Medizin also keine Ahnung hat, wurde von den Chinesen ins Amt gehievt, die in vielen UNO-Agenturen über ihre Kreditvergaben an gut hundert Klein- und Entwicklungsstaaten politische Abhängigkeiten geschaffen haben, und im Gegensatz zu den Europäern keine Skrupel haben, ihren Tribut bei passender Gelegenheit einzufordern. So wie auch im vorliegenden Fall. So singen der gute Mann und seine nutzlose Agentur natürlich das Loblied auf die vorbildliche chinesische Seuchenpolitik. Die Brandstifter werden als Feuerlöscher gehuldigt.
Die Vorwürfe gegen China lauten, dass Peking die Weltöffentlichkeit zu spät über den Ausbruch der neuen Lungenkrankheit informiert habe. Wie sehen Sie diese Sache, zumal man an der Offenheit der chinesischen Informationspolitik sicherlich Zweifel anmelden kann?
Rothacher: Richtig. Sie haben zuerst alles verschwiegen, dann eine riesige Schau in Wuhan abgezogen. Gleichzeitig durften ihre Leute unkontrolliert in alle Welt ausfl iegen, und wir haben das blöderweise zugelassen. Dann haben sie versucht, ein ungenanntes US-Militärlabor zu beschuldigen, und durch ein paar Container von spendierten Gesichtsmasken, die sich oft als defekt herausstellten, in alle Welt einen PR-Erfolg zu erkaufen. Ein nützlicher Idiot wie der serbische Präsident küsste dann in Peking dankbar die chinesische Flagge. So bekam er seinen Auftritt im Staatsfernsehen und wahrscheinlich eine neue Linie für die Belgrader Metro spendiert, die die Chinesen bauen.
China hat medienwirksam am Höhepunkt der Coronakrise europäische Länder wie Italien unterstützt. War das eine PR-Aktion zur Förderung des Projekts der Neuen Seidenstraße?
Rothacher: Eindeutig. Die Chinesen kontrollieren bereits die Textilindustrie von Prado und haben …
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Das Gespräch führte Bernhard Tomaschitz.
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