„Grüner Pass ist ein reines Überwachungsinstrument“

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FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst über die vielen Gefahren, die der Grüne Pass für Freiheit, Privatsphäre und Datenschutz mit sich bringt

Nach dem Willen der Bundesregierung soll schon bald ein Besuch im Gasthaus oder der Besuch eines Konzerts nur noch mit dem sogenannten Grünen Pass erlaubt sein. Was bedeutet das für all jene, die sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht gegen das Coronavirus impfen bzw. testen lassen wollen?
Susanne Fürst: Seit März 2020 haben wir laut der Diktion der Bundesregierung alle Mitmenschen als Infektionsträger zu sehen, von denen wir Abstand zu halten haben. Am gesellschaftlichen Leben teilhaben sollen nur Menschen, „von denen keine Gefahr ausgehe“, also Personen, die getestet – geimpft – oder genesen sind (gesund gibt es nicht mehr) und bei denen der Grüne Pass freigeschaltet ist. Wenn wir dies – und viele andere Einschränkungen – nicht akzeptieren, kommt wieder der Lockdown, so lautet die erpresserische Botschaft.

Dr. Susanne Fürst ist Rechtsanwältin, Nationalratsabgeordnete der FPÖ und Verfassungs­sprecherin der Freiheitlichen Partei. (Bild: Parlamentsdirektion/PHOTO SIMONIS)

Ist der Grüne Pass also nichts anderes als ein indirekter Impf- und Testzwang?
Fürst: Der Grüne Pass ist nichts weniger als die Umstellung unseres Lebensstils. Im Namen der „Sicherheit“ und des „Gesundheitsschutzes“ soll sich unser ganzes Leben um die Vermeidung einer Ansteckung mit dem Corona-Virus drehen. Die durch die Dauerbeschallung von Regierung und Medien bei vielen Menschen produzierte Angst und Paranoia wird genutzt, um den Grünen Pass zu installieren. Ein Dokument, welches die „Braven“ und „Folgsamen“ auszeichnet und die „Undisziplinierten“ ausgrenzt. Es werden gnadenlos alle zurückgelassen, die sich aus den verschiedensten – legitimen – Gründen nicht testen oder impfen lassen wollen, sodass man von einem echten Zwang sprechen muss.

Der Grüne Pass soll mit einem QR-Code ausgestattet sein. Besteht damit nicht die Gefahr einer lückenlosen Überwachung der Bürger? Und besondere Brisanz erhält die Sache wohl auch, weil gesundheitsbezogene Daten mit im Spiel sind.
Fürst: Ich sehe den Grünen Pass als reines Überwachungsinstrument. Die treuherzigen Versicherungen der Politiker, der Pass würde nach „Ende der Pandemie“ wieder auslaufen, sind Schall und Rauch. Es wird wohl kaum europaweit ein solcher Aufwand für die Installierung betrieben, um das Ding wieder abzuschaffen. In der geplanten Novelle des Epidemiegesetzes ist vorgesehen, dass künftig nicht nur die Infektion mit dem Corona-Virus zu melden und im Pass einzutragen ist, sondern auch eine Reihe von weiteren Krankheiten. Hier wird auf Dauer ein ständig mitzuführendes Dokument geschaffen, welches nicht nur unseren Gesundheitsstatus enthält, sondern auch den Tagesablauf aufzeichnet; einsehbar für jede Behörde.

Wenn der Grüne Pass nicht mit Grundrechten und Datenschutz vereinbar ist, wie hoch schätzen Sie die Möglichkeit ein, dass die rechtlichen Grundlagen vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden?
Fürst: Der Grüne Pass schafft unser Grundrecht auf Privatsphäre und auf Datenschutz praktisch ab und es wird dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. So kann etwa künftig jede Versicherung bei Abschluss einer Lebens- oder einer Krankenversicherung darauf zugreifen und dann – je nach aufgezeichnetem Lebensstil – die Höhe der Prämien abstufen oder den Versicherungsschutz aufkündigen. Es werden aber nicht nur Gesundheitsdaten gespeichert, sondern auch eine Unmenge von persönlichen Daten. Zu welchem Zeitpunkt ich welches Lokal oder welche Institution betrete, mit wem ich dort zusammentreffe, wie lange ich verweile; alles wird aufgezeichnet. Durch die begleitenden Maßnahmen, wie die Anzeigepflicht für das Zusammenkommen von Menschen ab fünf Personen, fehlt nicht mehr viel zu einer lückenlosen Überwachung, die sich dann sehr schnell gegen „störende“ Bürger richten kann. Der Grüne Pass ist aus meiner Sicht – wie sämtliche Corona-Maßnahmen – verfassungswidrig, da die Voraussetzungen für die Beschränkungen nicht vorliegen. Es gibt keinen Notstand, der die massiven Grundrechtseingriffe rechtfertigt und auch der Grüne Pass ist alles andere als verhältnismäßig. Ich hoffe, der Verfassungsgerichtshof entscheidet dies auch so, wobei der politische Druck auf die Richter hier nicht unerheblich ist.

Künftig kann eine Versicherung vor Abschluss einer Krankenversicherung auf den Grünen Pass zurückgreifen.

Wirft der Grüne Pass nicht auch ein düsteres Licht auf Kanzler Kurz? Denn der einzelne Bürger wird als potentielle Gefahrenquelle betrachtet und muss – durch Test oder durch Impfung – den Gegenbeweis antreten.
Fürst: Ja. Ich sehe ein sehr düsteres Licht am Ende seines angekündigten Tunnels. Er nimmt sich ganz offensichtlich ein Beispiel an Ländern, in welchen die Freiheit des Individuums und unsere freiheitlichen, liberalen Werte keinen vergleichbar hohen Stellenwert haben.

US-Bundesstaaten wie Florida, die Impfnachweise untersagt haben, zeigen, dass es auch anders geht als der von Kanzler Kurz eingeschlagene Weg. Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Kurz so erpicht ist, den Grünen Pass trotz aller Bedenken umzusetzen?
Fürst: Floridas Gouverneur hob zu einem sehr frühen Zeitpunkt sämtliche freiheitsberaubende Corona-Maßnahmen auf und untersagte – wie eine Reihe von weiteren republikanisch regierten US-Bundesstaaten – das verpflichtende Vorweisen von Impfnachweisen, nur um Teil der normalen Gesellschaft zu sein. Er erklärte ganz unverblümt, die Nachweise würden dazu benützt, die enthaltenen Informationen an große Tech-Unternehmen weiterzugeben, welche die Daten missbräuchlich verwenden. Ich denke, dies sollte uns nachdenklich machen über die Beweggründe von Bundeskanzler Kurz.

Das Gespräch führte Bernhard Tomaschitz.

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