EU-Abgeordneter Lars Patrick Berg (AfD) über die jüngsten Entwicklungen in Nahost, die Bedeutung des Iran in der Region sowie die problematische Rolle der Türkei
Herr Abgeordneter, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate haben Friedensverträge mit Israel geschlossen. Können diese Verträge einen nachhaltigen Beitrag zu einer umfassenden Befriedung des Nahen Ostens leisten oder muss man erst beobachten, wie sich die Dinge entwickeln?
Lars Patrick Berg: Diese Verträge sind begrüßenswert, aber nur ein erster Schritt im Friedensprozess. Sie leisten zweifellos einen entscheidenden Beitrag zur Lösung des Nahostkonflikts, und ich hoffe, dass andere Staaten dem Beispiel folgen und zu einer Einigung mit Israel gelangen werden.
Rückt mit den beiden Friedensverträgen eine Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern näher, zumal die Palästinenser offenkundig an Unterstützung in der arabischen Welt verlieren?
Berg: Aus meiner Sicht ist an den schon jetzt verlauteten Stellungnahmen der Palästinenser erkennbar, dass sie sich von diesen Verträgen nicht von ihrem Weg abbringen lassen werden. Mir scheint, dass die anderen arabischen Länder ihre Geduld mit der palästinensischen Autonomiebehörde verloren und versucht haben, das Palästinenserproblem abzugrenzen, um ihre Beziehungen zu Israel normalisieren zu können.
Wie sehen Sie Rolle der USA im Nahen Osten? Einerseits wären die beiden erwähnten Friedensverträge ohne den Druck Washingtons wohl nicht zustande gekommen, und andererseits unterstützen die USA mutmaßlich syrische Dschihadisten.
Berg: Es besteht kein Zweifel daran, dass die USA hier eine positive Rolle gespielt haben. Präsident Trump hat die diplomatischen Spielregeln in den Wind geschrieben, und das hat eindeutig Auswirkungen rund um den Erdball – positive wie weniger gute. Was die syrischen Dschihadisten betrifft, so befürworte ich den Rückgriff auf diese Gruppen keineswegs. Ich verstehe das Prinzip „der Feind meines Feindes ist mein Freund“, doch so geht die Türkei vor, und ich habe mich nachweislich gegen diese Strategie ausgesprochen. Mir scheint zudem, dass Afghanistan ein sprechendes Beispiel dafür ist, warum dies keine gute Idee ist!
Die USA und Israel sehen im Iran die größte Bedrohung für den Frieden in der Region. Wie sehen Sie das? Einerseits betreibt Teheran eine klar antiwestliche Politik, und andererseits ist der Iran wohl aufgrund seiner Größe und als größter schiitischer Staat per se eine Regionalmacht …
Berg: Der Iran ist ganz eindeutig eine Regionalmacht und lässt auch regelmäßig die Muskeln spielen, um diese Tatsache zu demonstrieren. Denken Sie an das Chaos im Jemen – der Iran facht diesen Konflikt immer wieder an und verursacht damit unsagbares menschliches Leid. Der Iran als Atommacht ist eine beängstigende Vorstellung – ich bin der Meinung, die internationale Gemeinschaft sollte alles in ihrer Macht Stehende tun, um zu verhindern, dass der Iran Trägersysteme für Kernwaffen entwickelt.
Über diese Frage hinaus habe ich eine enorme Sympathie für das iranische Volk, das von den Mullahs unterdrückt und von seiner eigenen Polizei und seinen eigenen Sicherheitskräften ermordet wird. So viel Unheil der Iran auch in seiner Region anrichtet – noch größer ist das Leid, das die Regierung ihrem eigenen Volk antut.
Ist zu befürchten, dass es, sagen wir, in den nächsten ein, zwei Jahren, zu einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen den USA und dem Iran kommen wird?
Berg: Davon gehe ich nicht aus – der Iran wird eine gewisse Linie nicht überschreiten. Teheran wird einen Rückzieher machen, wenn man ihm mit Stärke begegnet und wenn es weiß, dass haushoch überlegene Gewalt gegen den Iran eingesetzt werden wird. Aus diesem Grund ist die europäische Reaktion auf den Iran auch so fehlgeleitet.
Dank russischer Unterstützung konnte Syriens Präsident Assad weite Teile des Landes wieder unter seine Kontrolle bringen. Ist Russland zu einem Friedensfaktor oder einem Machtfaktor im Nahen Osten geworden?
Berg: Russland war schon immer ein Machtspieler und hat historische Bindungen mit dieser Region. Russland wird eine Politik verfolgen, die seine Interessen widerspiegelt, so wie wir alle.
Der türkische Präsident Erdogan verfolgt Großmachtambitionen, manche sprechen vom Neo-Osmanismus, was in der arabischen Welt für Kritik sorgt. Sehen Sie in Erdogans Politik ein Potenzial für neue Konflikte?
Berg: Ich sehe in der Türkei einen der derzeit größten Unruhefaktoren der Welt. An Libyen, Somalia, dem östlichen Mittelmeer und der türkischen Allianz mit Aserbaidschan sieht man, wie die Türkei Chaos stiftet.
Indem Ankara die Migrationsfrage als Waffe benutzt, zeigt es sein wahres Gesicht. Ob dieses Vorgehen seine Wurzeln im Osmanischen Reich hat, darüber bin ich mir nicht sicher.
Im eigenen Land steht Erdogan mittlerweile stark unter Druck, und wir haben schon an anderen Beispielen gesehen, dass politische Führungen, die sich innenpolitisch bedroht fühlen, auf externe Bedrohungen abzulenken versuchen, um ihr Volk hinter sich zu vereinen.
Meine Hoffnung lautet, dass angesichts der zunehmenden internationalen Ächtung der Türkei das türkische Volk zu der Entscheidung gelangen wird, dass Veränderung nottut.
Das Gespräch führte Bernhard Tomaschitz.
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