Man fühlt sich unweigerlich an den oftmals ausgestrahlten Sketch erinnert, wo der Heimwerker stolz und erleichtert den Pinsel an den Farbeimer hängt, um auf sein vollbrachtes Werk zu blicken. Der gesamte Boden ist wunderschön ausgemalt. Bis auf die Ecke. In der dieser steht und bemerkt, dass er entweder durch die feuchte Farbe marschiert oder dort festsitzt.
Im Zusammenhang mit der Meinungsfreiheit in deutschsprachigen Ländern taucht immer öfter der Begriff Meinungskorridor auf. Dieser besagt, dass die freie Rede innerhalb sozialer anerkannter Grenzen völlig ungefährdet ist. Dies klingt auf den ersten Blick recht harmlos. Jedoch lauert bei näherer Betrachtung ein perfides Minenfeld der politischen Korrektheit.
Zunächst geht es nicht um sozial anerkannte Grenzen. Wie beispielsweise das Vermeiden von Verunglimpfungen, Beschimpfungen, Kraftausdrücken etc. Kurzum Höflichkeit sowie Anstand. Sondern es geht um Grenzen, welche von Politik und Medien gezogen werden. Ebenso willkürlich wie beliebig. So wie es gerade ins gewünschte Konzept passt.
Dies erschwert es Personen sich klar und unmissverständlich auszudrücken. Es erschwert auch die Veröffentlichung unliebsamer Fakten sowie Meinungen. Ein ebenso effizienter wie beliebter Schachzug sozialistischer Diktaturen. Es gibt keinerlei Freiräume. Es gibt kein Verhalten, welches Sicherheit vor Repressalien garantiert. Man muss in ständiger Furcht mit Zugriffen rechnen. Zugriffe durch ein unberechenbares System. Unberechenbarkeit aus Berechnung.
Die Repressalien sind ebenso kreativ wie schmerzhaft. Kindeswegnahme. Finanzprüfungen. Soziale Ächtung. Mobbing. De-facto-Berufsverbot. Und niemand kann behaupten, es handelt sich um eine offene Diktatur. Man wird nicht eingesperrt. Man kann Amnesty International keine Briefe schreiben. Man kann nicht vor dem Gerichtshof für Menschenrechte klagen.
Verliert man am Amt ob der Schikanen die Nerven, wird man gefragt, ob man öfters solche Panikattacken habe. Dann warten Geschlossene oder ein Staatsverweigererprozess. Oder beides. Eine verdeckte Diktatur.
Die Ausweitung der meinungspolitischen No-Go-Areas geht ebenso rasch vonstatten wie die Ausweitung der integrationspolitischen No-Go-Areas. Die Parallelität ist kein Zufall.
Die Probe aufs Exempel lieferten öffentlich-rechtliche Zwangsgebührensender. In einer ORF-Radiosendung wurden mit säuerlichem Unterton Nostalgie sowie Melancholie diabolisiert und dämonisiert. „Früher war alles besser“, „Das wird man wohl noch sagen dürfen“, „Als ich jung war“, „Meine Eltern haben“, „Zu meiner Zeit“, etc. dienen nicht mehr Rechtfertigungen, Erziehungsmaßnahmen oder Erklärungen, sondern sie dienen der Aufbereitung eines faschistischen, nationalistischen, chauvinistischen Gedankenguts.
Die Rede ist nicht von den 30er oder 40er Jahren. Es ist in diesem Zusammenhang die Rede von den 50er bis zu den 80er Jahren. Heimatfilme, Kitsch, Heinz Rühmann etc. fallen nunmehr unter freiwilliger Selbstzensur oder werden der erzwungenen Zensur durch oben beschriebene Maßnahmen unterworfen.
In einer Gesellschaft wo Wiederholungen von Karl Merkatz als Mundl dem Sexismus und Faschismus den Weg bereiten, steht der Antifaschismus kurz vor der Vollendung als Wiederkehr des Faschismus.
Nicht in Form vom schwarzen Block, ungewaschenen Punks, Dreadlockfetischisten etc. Sondern in Redaktionen, Gewerkschaften, Kammern, Parteien, Behörden.
Wobei natürlich Ausnahmen von der Regel erlaubt sind. Im selben ORF-Radioprogramm durfte eine Woche zuvor der Nostalgie und der Melancholie für DDR und SED gefrönt werden. Die DDR hatte einfach nicht genug Zeit.
Schwamm drüber. Holen wir alles jetzt nach…
[Autor: G.B. Bild: www.wikipedia.org/Emblem of the Stasi (raster version) by Nickel Chromo Lizenz: –]