Zwei Frauenfußballteams laufen auf. Aufwärmen. Handshakes. Das übliche. Aufstellung zur Begrüßung vor dem Anpfiff. Es handelt sich nicht um ein gewöhnliches Spiel. Eines der beiden Teams stammt aus einem Staat, dessen Oberhaupt zugleich geistiger Führer ist. Dies hat im Vorfeld für Irritationen und Bedenken gesorgt. Jedoch im Sinne der Sportlichkeit und der damit verbundenen Versöhnungsmöglichkeiten wurde das Spiel angesetzt.
Die Damen aus dem Team des postmodernen Landes können ihrem Drang die umstrittenen Ansichten des geistigen Oberhaupts des Gastteams zu kritisieren nicht widerstehen. Sie heben ihre Trikots und darunter kommen gesellschaftspolitische Botschaften zum Vorschein, welche eine Provokation im Sinne der Lehre des Gastlandes darstellen. Zudem verteilen Damen abseits des Spielfeldes, Aktivistinnen genannt, Flugblätter mit ähnlich provokanten Inhalten.
Team, Trainer sowie geistiger Repräsentant des Landes des Gastteams halten eine ebenso kurze wie emotionale Besprechung ab. Conclusio: Abbruch des Spiels, aufgrund nicht hinnehmbarer Entgleisungen.
Der verehrte Leser möge sich folgende Situation vorstellen:
Das iranische Frauenfußballteam kommt zu einem Freundschaftsspiel nach Wien. Die Spielerinnen sind dazu verpflichtet Kopftuch zu tragen. Ob die Spielerinnen wollen oder nicht. Das Spiel darf nicht auf einem freien Platz stattfinden, sondern muss in einer Halle abgehalten werden. Ob die Spielerinnen wollen oder nicht.
Die Spielerinnen des Heimteams sind darüber derart empört, dass sie sich eine Protestaktion überlegen. Zudem wollen sie weitere Menschenrechtsverletzungen des Gastlandes öffentlich thematisieren. Zwangsehe, Zwangsverheiratung von Minderjährigen, Willkür der Religionspolizei, Rechtlosigkeit von Frauen, Todesstrafe für Homosexuelle etc.
Team, Trainer sowie geistiger Repräsentant des Landes des Gastteams halten eine ebenso kurze wie emotionale Besprechung ab. Conclusio: Abbruch des Spiels, aufgrund nicht hinnehmbarer Entgleisungen.
Reaktion der Mainstreammedien sowie der Politik: Ein untragbarer Affront, der nicht ohne Konsequenzen bleiben darf. Islamophobie, Rassismus und faschistisches Gedankengut haben in unserer fröhlichen, bunten, toleranten und friedlichen Gesellschaft keinen Platz.
Der verehrte Leser möge sich tatsächliche Situation vorstellen:
Das Frauenfußballteam des Vatikan tritt gegen den FC Mariahilf an. Es gibt keine religiösen Bedenken gegen den Umstand, dass Frauen kurze Hosen tragen und in der Öffentlichkeit Fußball unter freien Himmel spielen. Der Heilige Vater spricht sich ebenso wie alle seine Vorgänger gegen die Homoehe aus und kämpft für das Recht ungeborenen Lebens. Die Trennung von Staat und Kirche wird überall anerkannt. Menschenrechte, Frauenrechte, Demokratie etc. werden nicht in Frage gestellt.
Trotzdem sahen sich die Spielerinnen des FC Mariahilf in ihrem „Furor Tolerabilis“ dazu gezwungen die Damen des apostolischen Teams mit Pro-Abtreibungsbotschaften und Pro-Homoeheflugblättern vom Spielplatz zu vertreiben.
Reaktion: Wir werden sehen.
[Autor: G.B. Bild: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:LCVC2.png Lizenz: –]