Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat sich für Sebastian Kurz ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk ausgesucht. Was könnte dem ehemaligen sowie zukünftigen Bundeskanzler am meisten Freude bereiten?
Richtig: Die Vornewegnahme von Beschlüssen aus der Zeit der türkis-blauen Koalition vom türkis-grünen Verhandlungstisch. Zuerst wurde das Sicherheitspaket vom VfGH als verfassungswidrig zurückgenommen. Nun die Mindestsicherungsreform. Dies bedeutet, dass Deutschkenntnisse von Zuwanderern weiterhin nicht mit finanziellen Leistungen durch den österreichischen Steuerzahler verknüpft werden dürfen.
Der grundsätzliche Gedanke Leistungen des Sozialstaates mit der Bereitschaft zur Integration zu verknüpfen, besitzt seit Jahren in unabhängigen Umfragen großen Zuspruch innerhalb der Bevölkerung. Unter FPÖ- sowie ÖVP-Wählern ohnehin. Aber auch unter SPÖ-Wählern gibt es hierfür eine knappe Mehrheit. Lediglich Grün-Wähler verweigern in Komplizenschaft mit Mainstream-Medien sowie der politisch-bürokratischen Kaste diesen Schritt der Vernunft.
Obwohl angesehene Ökonomen sowie Verfassungsexperten entsprechende Gutachten angefertigt haben, die diesen Schritt der türkis-blauen Regierung gedeckt haben, wurde er nun durch die Richter des VfGH gekippt. Dies demonstriert wieder einmal, dass ein geschickter Jurist alles stützen oder alles kippen kann. Je nach politischer Opportunität.
Die Reaktionen der Parteien dienen ebenfalls als Offenbarungseid. SPÖ-Stadtrat Hacker spricht von einer „Detschn“ für Kurz. Damit stellt er zwar seine verbale Volksnahe unter Beweis, aber ansonsten beweist er, dass er nichts verstanden hat und nicht auf der Seite des österreichischen Steuerzahlers steht.
Kurz wünscht sich die Aufhebung der Beschlüsse durch den VfGH. Damit er die Verantwortung hierfür auf die Richter abschieben und mit den Grünen unbeschadet weiterverhandeln kann. Und die Mehrheit der SPÖ-Wähler würde sich die Umsetzung des Beschlusses trotzdem wünschen.
Mit volksnaher Ausdrucksweise alleine ist es nicht getan, wenn man diese von einem links-liberalen Elfenbeinturm aus verkündet.
Die ÖVP bedauert die Entscheidung. Jedoch müssen die Richtersprüche akzeptiert werden. Es ist dem türkisen Sozialsprecher Wöginger offenbar schwergefallen, die Krokodilstränen geschickter zu kaschieren. Jedenfalls braucht er sich im Mühlviertel nicht mehr beschweren, wenn die Söhne den Schweinsbraten verwehren und die Töchter die reschen Burschen verschmähen.
Lediglich die FPÖ hat das Zusammenspiel zwischen Kurz und dem VfGH erkannt bzw. erkennen wollen und entsprechende Kritik geübt.
Wirft man einen Blick Richtung Vereinigtes Königreich oder Vereinigte Staaten, wird einem die Bedeutung einer ebenso konsequenten wie kontinuierlichen Justizpolitik klar. Obwohl die Tories seit 2010 regieren, konnte ein linker Richter einen terroristischen Gefährder wieder auf freien Fuß setzen. Erst mit dieser Johnson-Mehrheit können die Konservativen Gesetze verschärfen sowie rechte Richter berufen.
Ähnlich verhält es sich in den USA, wo Präsident Trump eine konservative Mehrheit im Supreme Court durchsetzen konnte. Bleibt Trump bis 2025 im Amt, kann er nicht nur den Supreme Court, sondern dutzende weitere konservative Bundesrichter für eine Generation sichern.
Zu Beginn seiner Amtszeit haben linke Richter immer wieder Beschlüsse gekippt. Zur Grenzmauer. Zur verschärften Regelung von Einwanderung etc. Nun werden entsprechende Beschlüsse durch rechte Richter bestätigt.
Für eine Reform des österreichischen Verfassungsgerichtshofes bedürfte es zweier oder dreier Legislaturperioden einer Mitte-Rechts-Regierung. Bislang gab es eineinhalb von 2000 bis 2007. Und eine halbe von 2017 bis 2019.
Der VfGH hat nicht nur Kurz ein Weihnachtsgeschenk beschert, sondern auch sich selbst einen Gefallen getan. Die Mitte-Links-Zusammensetzung ist für weitere Jahre gesichert.
[Autor: G.B. Bild: pxhere.com Lizenz: –]