Bild: Flickr/UNIS Vienna Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0
Wie viele Österreicher sehen keinen Sinn mehr darin, ihre Stimme in eine Urne zu werfen, wenn die stimmenstärkste Partei bei einer Regierungsbildung nicht einmal mehr berücksichtigt wird? Der Wille des Bundespräsidenten geschehe, müsste es heißen. Denn er war der erste, der Kickl eine Angelobung verweigerte, schon lange bevor das Volk zur Urne gebeten wurde. All die Gründe, die sie für eine Ignoranz der FPÖ angeführt haben, sind aus der Luft gegriffen. Anti-EU, Putin-Nähe, mangelnde Ausgrenzung zum Nationalsozialismus, Gefahr für die Demokratie und so weiter.
Jeder dieser Punkte lässt sich mit ein paar Sätzen wiederlegen und entspringt zum Teil wortwörtlich den Vorwürfen von Nehammer, Babler, Meinl-Reisinger und Kogler. Jenen Personen, die für das derzeitige Desaster verantwortlich zeichnen. Und was den Umgangston von Kickl und seine Art, die Probleme auf den Tisch zu legen, anbelangt, so war es die Oppositionsrolle, die er innehatte. Und wie sonst, als mit harten Worten hätte das jemand verstanden.
Van der Bellen hat aber den 1,4 Millionen FPÖ-Wählern einen Gefallen getan. Er kann jetzt zusehen, wie sich die vermutlich künftigen Regierungsparteien bei den Vorverhandlungen, sprich Sondierungsgesprächen, zerfleischen. Van der Bellen hat die Zündschnur für eine politische Explosion angezündet und Kickl riecht schon die Lunte. Zwischen ÖVP, bzw. Türkis und SPÖ wird es (da vermutlich schon „geheim“ im Vorfeld vereinbart), ja klappen. Aber da sind noch die zwei anderen kleinen, die groß um die Macht im Staate mitspielen werden. NEOS oder Grüne, eine Partei von beiden, können sich bereits die Hände reiben. Denn sollte es, wie immer so groß propagiert wird, mit rechten Dingen und demokratisch zugehen, so brauchen die NEOS oder die Grünen sich lediglich der Meinung bzw. den Forderungen von Rot oder Türkis anschließen und schon schmollt die eine oder die andere Partei und wird überstimmt.
Die Kleinparteien NEOS oder Grüne werden also zum Zünglein an der Waage. Die Kleinen werden also groß und es kommt wahrscheinlich wie bei einer Versteigerung auf das Gebot der Großen an. Wieviel kostet die Stimme eines Regierungsmitgliedes das nicht einflussresistent ist. Egal, geht in die Verhandlungssäle und sondiert, diskutiert, beschließt und verwerft, beginnt immer wieder von vorne und kommt zu keinem Ende. Was wahrscheinlich herauskommt, sind nur diejenigen, die in die Verhandlungssäle hineingegangen sind. Es geht ja nur um die Zeit, die wir nicht haben um den Kopf aus der Rezessionsschlinge zu ziehen.
Was wird die Folge dieses vorprogrammierten Chaos sein? Vermutlich Neuwahlen. Etwas, das wir in dieser Situation am wenigsten brauchen. Hier muss ich den steirischen Landeshauptmann, der jetzt in der politischen Zwickmühle angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen Ende November steht, zitieren. Er hat richtig gesagt: „Es geht um Österreich!“
Hoffentlich verstehen Nehammer, Babler, Meinl-Reisinger und Kogler diese Worte. Sie waren laut genug.