In memoriam Albert Uderzo
Mit dem Tod von Albert Uderzo ging einer der wenigen europäischen Comic-Schaffenden von der Welt, welcher der Nachwelt ein zeitloses bildnerisches Vermächtnis hinterlässt – die Geschichten um Asterix & Obelix erfreuen seit über 60 Jahren Leser aller Altersklassen und gehören zu den langlebigsten und erfolgreichsten Comicserien der Welt. Zu Lebzeiten zeigte sich Uderzo häufig überrascht über den immensen Erfolg der Reihe, denn einerseits war die Reihe ursprünglich völlig auf das französische Publikum zugeschnitten und andererseits hatten es Comics außerhalb der USA, wo die gezeichneten Bilder schon früh als vollwertige literarische Gattung anerkannt wurden, sehr schwer, von Kritikern und Fachpresse überhaupt ernst genommen zu werden.
Wenig verwunderlich also, dass Uderzo stets die Figuren von Walt Disney als Inspiration für seine sich größtenteils autodidaktisch angeeigneten Fähigkeiten nannte und den amerikanischen Comicschöpfern großen Respekt zollte. 1951 traf Uderzo auf René Goscinny, was den Beginn einer jahrzehntelangen Freundschaft und beruflichen Partnerschaft einleitete. Vor allem die Arbeitsteilung – Goscinny schrieb die Geschichten und war für die Textausgestaltung der Comics verantwortlich, Uderzo lieferte die Zeichnungen – sollte sich als goldrichtig und fundamental für den Erfolg der Asterix-Reihe erweisen. Asterix trat erstmals 1959 in der Comiczeitschrift Pilote auf, später wurden die Geschichten immer komplexer und ab den frühen 1970er-Jahren ausschließlich in Albenform veröffentlicht.
Internationaler Erfolg
Auch international waren die Comics außerordentlich erfolgreich, die internationale Rechtewahrung gestaltete sich jedoch nicht immer als einfach, besonders der Einstieg in den deutschen Sprachraum begann konfliktgeladen: Der Verleger Rolf Kauka, heute besonders für „Fix & Foxi“ bekannt, hatte 1965 die Rechte für die deutsche Übersetzung der Asterix-Comics erworben und nützte dies für eine politische Ideologisierung der Gallier – diese wurden zu Germanen, hießen nun Siggi und Babarras und mussten ihr Dorf nach wie vor gegen die Römer verteidigen, welche jedoch mit amerikanischen Klischees behaftet waren und gemeinhin als Sinnbild der amerikanischen Besatzer der deutschen Nachkriegszeit interpretiert wurden.
Kauka wurden daraufhin zwei Jahre später, nach mehrmaligen erfolglosen Versuchen, ihn zu einer werkgetreuen Übersetzung zu bewegen, von den Asterix-Schöpfern die Rechte entzogen und fremdsprache Publikationen der Comics künftig stets einer Gegenprüfung unterzogen. Doch auch davon ließ sich der deutsche Verleger nicht beeindrucken und konterte mit seiner eigenen Comicreihe – Fritze Blitz und Dunnerkiel, ein nach weitläufiger Kritik wenig kreatives und vor allem plumpes Plagiat des großen französischen Vorbildes. Die Anspielungen auf die Alliierten wurden noch deutlicher, wieder kam es zu einem Rechtsstreit mit Goscinny und Uderzo. Ausjudiziert wurde der Fall nicht mehr vollständig, denn Fritze Blitz und Dunnerkiel wurden bereits 1969 aufgrund mangelnden Erfolges eingestellt. Uderzo bezeichnete noch Jahrzehnte später diese Auseinandersetzung mit Kauka als „furchtbare Geschichte“. Und dennoch ist heute der deutsche Sprachraum nach dem französischen für die streitlustigen Gallier der zweiterfolgreichste Markt, und besonders bei den Verfilmungen der Comics sind deutsche Produzenten maßgeblich beteiligt.
Ein schweres Erbe
So unumstritten Uderzos Fähigkeiten als Zeichner sind, so deutlich zeigten sich nach Ansicht vieler Fans & Kritiker seine gestalterischen und kreativen Grenzen, als er sich nach dem völlig überraschenden Tod von René Goscinny ab 1977 gezwungen sah, das schwere Erbe des Asterix-Erfolges alleine weiter zu führen. Die nun in immer größeren Zeitabständen erscheinenden Alben konnten nach einhelliger Meinung nicht annähernd mit der bis dato gewohnten inhaltlichen Qualität mithalten, das Erfinden kreativer Handlungen und der geschickte Sprachwitz der früheren Comics lag dem detailverliebten Zeichner schlichtweg nicht im Blut. Als Tiefpunkt der neueren Veröffentlichungen gilt der 2005 erschienene Band „Gallien in Gefahr“, bei dem sich Asterix und seine Freunde mit außerirdischen Superhelden herumschlagen müssen.
Der „Stern“ schloss sich der Kritik an und titulierte einen Artikel zum neuen Comicband mit „Gallien ist wirklich in Gefahr“. Erst 2013, als sich Uderzo nach zähem Ringen aus seinem Lebenswerk zurückzog, erschien mit „Asterix bei den Pikten“, gezeichnet von Didier Conrad und getextet von Jean-Yves Ferri, erstmals ein Band, an dem keiner der Asterix-Schöpfer beteiligt war – die Fachpresse nahm die Publikation größtenteils wohlwollend auf. Die Verkaufszahlen sprachen ebenso für sich und auch die regelmäßigen (Neu-)Verfilmungen der gallischen Abenteuer zeigen, dass Asterix & Co. weiterhin ihre treue Fangemeinde haben.
Nun ist Uderzo kurz vor seinem 93. Geburtstag gestorben und wäre damit fast so alt wie der älteste Gallier, der rüstige Methusalix, geworden. Das Erbe, welches Uderzo hinterlässt, beschränkt sich bei weitem längst nicht mehr nur auf die Comicgeschichten rund um Asterix – der wurde inzwischen zu einem äußerst profitablen Merchandise, welches nicht nur Comicalben beinhaltet, sondern auch zahlreiche Filme, Brett- und Videospiele, unzählige Fanartikel und sogar einen Vergnügungspark in Paris: Der knapp 30 Kilometer von Paris entfernte „Parc Astérix“ lockt jährlich knapp zwei Millionen Besucher an und versucht, die Atmosphäre aus den Comics möglichst werkgetreu in unsere „reale“ Welt zu übertragen.
[Autor: M.S. Bild: Wikipedia/Lin Mei Lizenz: CC BY 2.0]