„Ein Schuss, der nach hinten losgegangen ist“

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Dr. Heinz Dieter Pohl (emeritierter Universitätsprofessor der Universität Klagenfurt, Sprachwissenschafter und korrespondierendes Mitglied der Slowenischen Akademie für Wissenschaften) über den skandalösen Gender-Leitfaden der Kärntner Landesregierung.

Herr Dr. Pohl, die Kärntner Landesregierung hat ein Schreiben herausgebracht, die eine gendergerechte Ausdrucksweise der Landesbediensteten zum Inhalt hat. Mittlerweile wurde diese Anordnung wieder zurückgenommen. Die einzelnen Punkte waren derart haarsträubend. Wie konnte so etwas überhaupt passieren?
Heinz Dieter Pohl: Das frage ich mich auch. Ich habe mich an den Landeshauptmann und auch an die Verfasserin gewendet. Die Antworten waren allerdings nicht vielsagend. Man berief sich auf bestehende Vorschriften der EU. Keiner konnte allerdings konkrete Richtlinien angeben.

Wenn Sie bestehende Vorschriften der EU anführen, so ist wohl in diesem Fall zu sagen, dass in dieser Form Kärnten ganz eindeutig Vorreiter war. Ist über die herausgebende Person Näheres bekannt? Ist sie zuordenbar? Und wenn ja, welchem Lager?
Pohl: Meines Wissens ist das eine Landesbeamtin, die wahrscheinlich der SPÖ zuzuordnen ist. Die Wörterliste ist haarsträubend. So werden beispielsweise Vater und Mutter durch Elternteil ersetzt. Aus der „Tagesmutter“ wird nun „Tageselternteil“, oder die „Muttersprache“ wird zur „Erstsprache“. Mit diesem letzteren könnte ich ja noch etwas anfangen, es muss ja nicht die Mutter sein, die dem Kind die Sprache beibringt.

Allerdings gibt es ja auch Regelungen wie jene, wo aus dem „Boten“ eine „überbringende Person“ wird oder aus dem „Gast“ die „besuchende Person“. Der Polizist mutiert zur „Polizeikraft“ und der Autor zur „literaturschaffenden Person“, da muss ja die ganze Welt darüber lachen.
Pohl: Ich habe zu diesem Thema eine Sachverhaltsdarstellung verfasst und an Einzelpersonen unter anderem auch an Landeshauptmann Kaiser übermittelt.

Kann das womöglich etwas mit den Wahlen im kommenden Frühjahr zu tun haben?
Pohl: Das kann ich nicht beurteilen. Mag sein, dass es bei den kommenden Wahlen eine Rolle spielen sollte.

Inwiefern könnte diese zurückgezogene Vorschrift Einfluss auf die kommenden Wahlen nehmen? Den einen und anderen Kärntner wird es ja wohl etwas zum Nachdenken angeregt haben!
Pohl: Was ich mitbekommen habe ist, dass es in der breiten Bevölkerung auf Ablehnung gestoßen ist. Es hat eigentlich das Gegenteil von dem bewirkt, was es eigentlich hätte bewirken sollen. Man kann sagen, das war ein Schuss, der nach hinten losgegangen ist.

Eine Zurücknahme ist eigentlich für den politisch Verantwortlichen eine Peinlichkeit, in diesem Fall für den Kärntner Landeshauptmann. Inwieweit könnte nun Peter Kaiser Schaden daraus ziehen?
Pohl: Also zu einer Festigung oder einer Verbesserung seiner Handlungsfähigkeit trägt das sicher nicht bei. Man muss sich an dieser Stelle auch fragen, ob er das überhaupt gelesen hat.

Da stellt sich die Frage nach der Quelle. Wenn es eine Angehörige der sozialdemokratischen Partei war, muss man wohl davon ausgehen, dass die Parteigremien und damit auch Peter Kaiser informiert und in die Entscheidungsfindung eingebunden war.
Pohl: Dazu kann ich nichts sagen. Allerdings ist schon Tage vor der Veröffentlichung des Leitfadens vom Abgeordneten Gerhard Köfer darüber berichtet worden. Der ehemalige SPÖ-Bürgermeister von Spital/Drau hat sich in einer Sitzung dagegen gewehrt.

Wenn es eine Sitzung war, an der Köfer, der jetzt mit dem „Team Kärnten“ eine eigene Partei anführt teilgenommen hat, dann war sicher auch der Landeshauptmann dabei. Das heißt er war in Kenntnis der Wortliste.
Pohl: Das kann ich nicht bestätigen, ich war nicht dabei. Jedenfalls hat es bereits im Vorfeld Kritik an dieser vorgeschlagenen Regelung gegeben.

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