Die Milizsoldaten leisteten rund 1,3 Millionen Arbeitsstunden und wurden dafür nur mäßig entlohnt. Viele Milizler konnten aufgrund zu hoher Lebenserhaltungskosten ihren Dienst nicht antreten!
Die Heeresministerin besuchte gestern die 2. Kompanie des Jägerbataillons Wien 1 „Hoch- und Deutschmeister“ in der Starhemberg-Kaserne, um sich bei allen eingesetzten freiwilligen Soldaten zu bedanken.
Am 4. Mai 2020 rückten insgesamt 13 Jägerkompanien aus allen neun Bundesländern für verschiedenste Einsatzaufgaben aus. 1.400 Soldaten waren seither im Einsatz. Die Tätigkeiten umfassten den sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatzes zur Grenzsicherung, gesundheitsbehördliche Aufgaben an den Grenzübergängen, die Übernahme von Objektschutzaufgaben wie Botschaftsbewachung, die Unterstützung beim Schutz kritischer Infrastruktur, die Ergänzung der Ressourcen der Landespolizeidirektionen. Angeblich leisteten die Soldaten 1.325.000 Arbeitsstunden zur Bewältigung der Corona-Pandemie.
Unter welchen Umständen die Soldaten ihren Dienst leisten mussten, erzählt man der Öffentlichkeit aber nicht:
Vierzehn bis sechszehn Stundenschichten an der Grenze jeden Tag – sechs Mal am Stück – für knapp 1.600 Euro, (plus Dienstgrad Zulage). Das Gehalt ist aber anzumerkender Weise nur Milizsoldaten, die als sogenannte Präsenzdiener einrückten, gezahlt worden. Die überstrapazierten Grundwehrdiener erhielten einen ohnehin geringen – für diese Beanspruchung aber noch geringschätzigeren – Sold von ca. 600 Euro. Von den 3000 angeforderten Soldaten blieben im Übrigen weniger als die Hälfte über. Und jene die sich zu einer sogenannten „Freiwilligen Waffenübung“ meldeten (der Dienst an der Grenze würde hierbei mit 2800 Euro netto angemessen entlohnt werden) nahm man – natürlich aus Kostengründen – nicht auf.
Wie wichtig die Miliz für Österreich ist, scheint die ahnungslose Ministerin nicht zu bestreiten:„Die Corona-Krise hat gezeigt, wie schnell es gehen kann, dass die Miliz gebraucht wird. Sie alle haben durch Ihren unermüdlichen Einsatz einen wesentlichen Teil zur Auftragserfüllung im Kampf gegen das Coronavirus beigetragen. Der Einsatz der Miliz ist aber nicht nur durch Covid-19 bestimmt, sondern es geht hier um die Durchhaltefähigkeit des Bundesheeres, die Sie mit Ihrem Einsatz garantieren konnten. Mein Dank gilt heute nicht nur den anwesenden Soldaten, sondern allen 1.400 Milizsoldaten, die Anfang Mai ihren Dienst angetreten haben. In den letzten Monaten haben Sie bewiesen, wie engagiert Sie sind. Nun gehen Sie ab Ende Juli wieder Ihrem zivilen Alltagsleben nach. An dieser Stelle darf ich Ihnen meinen aufrichtigen Dank aussprechen und Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft wünschen“, so Verteidigungsministerin Tanner.
Wie heiß der Problemherd „Bundesheer“ brennt, ist der absolut-unbeholfenen Ministerin aber keineswegs bewusst:
Der Brigadier Dr. Johannes Kainzbauer, Präsident des Milizverbandes Österreich, nutzte ebenfalls die Gelegenheit, um den Soldaten sein Lob auszusprechen aber auch Kritik an der bestehenden, katastrophalen Situation zu äußern:
„Der erstmalige Einsatz der Miliz bei der Covid-Pandemie zeigt, dass die Bedeutung und die Wichtigkeit der Miliz als Ergänzung der präsenten Kräfte endlich von der Politik wahrgenommen wurde. Nur gemeinsam, Berufs- und Milizsoldaten, sind wir das Bundesheer. Neben den schon bekannten Ausrüstungsmängeln konnten erstmals Verbesserungspotentiale beim Einsatz der Miliz im Praxisbetrieb erkannt werden. Leider musste aber auch festgestellt werden, das beim Bewusstsein der Arbeitgeber von Milizsoldaten über die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer Miliz noch gewaltiger Aufholbedarf besteht. Die Miliz hat jedenfalls die ihr gestellte Aufgabe, wie immer, zur Zufriedenheit gelöst.“
Den letzten beiden Sätzen muss man nach grundsätzlicher Zustimmung allerdings auch kräftig widersprechen. Erstens ist das Heerministerium verantwortlich, den Freiwilligen eine angemessene Entschädigung für den aufopfernden und vor allem notwendigen Einsatz zu bieten. Und zweitens würden jene Soldaten, die zu Kontroll-, und Sicherheitsaufgaben im Burgenland eingesetzt wurden, große Zweifel an der behaupteten „zufriedenstellendem Problembehandlung“ – man bedenke nur das Material – äußern.
[Autor: A.P. Bild: Wikipedia/ Lizenz: CC BY-SA 4.0]