Europaabgeordnete warnen parteiübergreifend vor Smartphone-Massenüberwachung

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Autor: U.K. Bild: Pixabay Lizenz: –


Zum Europäischen Datenschutztag wendet sich ein breites parteiübergreifendes Bündnis von Europaabgeordneten in einem dramatischen Brandbrief an die Europäische Kommission: Die Abgeordneten warnen, dass der für März 2022 von der Kommission angekündigte Gesetzentwurf zur verdachtslosen Nachrichten- und Chatkontrolle auf allen Handys zu einer Massenüberwachung der privaten Kommunikation aller EU-Bürger führen würde (zum Text). Zudem bedrohe ein solches Gesetz die sichere Verschlüsselung und die IT-Sicherheit von Privatpersonen wie Unternehmen allgemein.

Unter dem Vorwand „Schutz von Kindern“ will die EU-Kommission künftig alle Anbieter von Kommunikationsdiensten dazu zwingen, den Inhalt der gesamten persönlichen Kommunikation aller Bürger und Bürgerinnen anlasslos zu überwachen und zu scannen. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll am 2. März vorgestellt werden. Bisher sicher Ende-zu-Ende verschlüsselte Kommunikation müsste dazu auf allen Handys durchleuchtet und im Verdachtsfall automatisiert ausgeleitet und angezeigt werden. „Die wahllose und generelle vorsorgliche Überwachung der Online-Aktivitäten aller Menschen verursacht verheerende Kollateralschäden“, appellieren die Europaabgeordneten an die zuständigen EU-Kommissare Margrethe Vestager, Margaritis Schinas, Věra Jourová, Thierry Breton, Didier Reynders und Ylva Johansson. Die geplante Chatkontrolle „missachtet den Kern des Grundrechts auf vertrauliche Kommunikation (Artikel 7 der Charta) und ist daher weder notwendig noch verhältnismäßig“ heißt es weiter.

Dies habe eine abschreckende Wirkung auf die Ausübung der Grundrechte im Internet, auch für Kinder und Opfer, Minderheiten, politische Dissidenten, Journalisten und andere legitime Nutzer. Diese Methode stelle einen Präzedenzfall für die spätere Ausweitung auf andere Zwecke dar, so die Unterzeichner, zu denen neben dem Initiator Dr. Patrik Breyer (Die Piraten/DE), Thiemo Wölken und Petra Kammerevert (SPD/DE), Joachim Kuhs (AfD/DE), Sergey Lagodinsky (Grüne/DE), Roman Haider (FPÖ/AT), Kateřina Konečná (Linke/CZ), Francesca Donato (fraktionslos/IT) und Karen Melchior (Sozialliberale/DK) noch 11 weitere Abgeordnete des Europaparlaments zählen.

In der Tat versucht die EU-Kommission seit geraumer Zeit, eine flächendeckende Überwachung von Smartphone-Nachrichten per Gesetz einzuführen (ZurZeit berichtete). Rückenwind erhalten die Brüssler Bürokraten dabei jetzt verstärkt von Spitzenpolitikern aus Deutschland und Österreich, die hier eine Möglichkeit sehen, den freien Austausch regierungskritischer Meinungen zu unterbinden und zu zensieren. So liebäugelt Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser (SPD) schon offnen mit einem Verbot des Telegram-Dienstes (ZurZeit berichtete). Und auch Österreichs Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) verlangten vor wenigen Tagen in Zeitungsinterviews eine „strengere Kontrolle des Nachrichtendienstes Telegram“, was im Klartext Zensur bedeutet.

Die Unterzeichner des Brandbriefs, deren politische Heimat das gesamte Spektrum der europäischen Parteienlandschaft abdeckt (mit bemerkenswerter Abstinenz der EVP-Fraktion), wollen die Bürger Europas auf dieser drohende Gefahr aufmerksam machen. In Österreich würde es den Freiheitlichen sicher gut zu Gesicht stehen, wenn sie auch hier diese „Big Brother“-Pläne innenpolitisch thematisieren würden.

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