Kritik an der Duden-Redaktion

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Autor: E.K.-L. Bild: Wikipedia/Kalligraf Lizenz: CC BY-SA 4.0


Ein Hinweis bei einem Stichwort wird als diskriminierend empfunden

In Deutschland ist in diesen Tagen eine Diskussion darüber entbrannt, ob man ein bestimmtes Wort unbefangen verwenden dürfe. Bekanntlich hat der Duden im Alltag den Stellenwert eines Goldstandards für die deutsche Sprache. Nun hat das wichtigste Wörterbuch Deutschlands mit einem Eintrag für Aufsehen gesorgt – ausgerechnet bei denjenigen, die er vermeintlich schützen soll. Es geht um einen „besonderen Hinweis“ zum Wort Jude.

Das Standardwerk für Sprachgebrauch und Rechtschreibung wörtlich: „Gelegentlich wird die Bezeichnung Jude, Jüdin wegen der Erinnerung an den nationalsozialistischen Sprachgebrauch als diskriminierend empfunden. In diesen Fällen werden dann meist Formulierungen wie jüdische Menschen, jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger oder Menschen jüdischen Glaubens gewählt.“

In der Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel ist in der heutigen (10. Februar) Ausgabe aus der Feder von Naomi Lubrich, Direktorin des Jüdischen Museums der Schweiz, zu lesen: „Der Duden sollte nicht vor Schulhof-Rassisten kapitulieren. Wörterbücher stehen, was den Begriff ‚Jude‘ angeht, in einer langen Tradition des Unsinns. Sie bildeten jeweils den Diskurs ihrer Zeit ab. Der heutige Duden-Eintrag spiegelt den Wunsch der deutschen Bildungsbürger, kein Wort zu gebrauchen, das die Nationalsozialisten missbraucht haben. Er setzt sich mit der Realität des Schulhofantisemitismus auseinander, wo rassistische Beschimpfungen an der Tagesordnung sind. Und er meint offenbar, dass die Antisemiten die Deutungshoheit über das Wort ‚Jude‘ haben.“

Josef Schuster, Präsident der Dachorganisation der deutschen Juden, meint dazu: „Selbst wenn ‚Jude‘ auf Schulhöfen abwertend oder von einigen Menschen nur zögerlich verwendet wird und die Duden-Redaktion sicherlich wohlmeinend auf diesen Kontext hinweist, sollte alles vermieden werden, um den Begriff als diskriminierend zu verfestigen.“ Sein Verband heiße bewusst Zentralrat der Juden und nicht der ‚jüdischen Mitbürger‘, betont Schuster, der weiters ausführt, Jude oder Jüdin sei die Bezeichnung, die Augenhöhe signalisiere wie zum Beispiel Katholik oder Protestant. Das sei besser als Formulierungen aus vermeintlich großzügiger Toleranz gegenüber Menschen, von denen man sich letztlich doch abgrenzen will.

Und in der Tageszeitung Die Welt resümiert Matthias Heine zunächst die Debatte, die sich auf Twitter entfacht hat und schließt daraus: „Gründe, jetzt den Begriff mit den vom Duden vorgeschlagenen Alternativen oder gar der Ausweich-Chiffre J-Wort zu umgehen – analog zum N-Wort oder zum Z-Wort –, gibt es nicht. Dafür müsste nachgewiesen werden, ob je ein Jude das Wort Jude als diskriminierend empfunden hat. Nachweisbar sind bisher immer nur nicht jüdische Deutsche, die sich durch das Wort unangenehm an die Verbrechen ihrer Vorfahren erinnert fühlen.“

Wie reagiert die Duden-Redaktion auf die Kritik? Die Leiterin der Duden-Redaktion, Kathrin Kunkel-Razum, sagt der dpa, die Redaktion nehme die Kritik sehr ernst und auch, dass der Hinweis auf Diskriminierung selbst als diskriminierend empfunden werden könnte. „Ich kann das nachvollziehen, aber das ist in keinster Weise unser Anliegen“, meint die Leiterin. Die Redaktion werde den Hinweiskasten noch einmal sehr gründlich prüfen und überarbeiten, um die Komplexität der Debatte abzubilden. Tatsächlich gebe es aber Juden, die diese Bezeichnung selbst nicht verwendeten, fügt Kunkel-Razum hinzu.

Weswegen gerade jetzt eine Diskussion aufflammt, ist nicht ganz nachvollziehbar. Den Hinweis im Duden-Eintrag gebe es bereits seit 2007 (!) und online seit 2011. Laut Kunkel-Razum ist das überhaupt nichts Neues. Ähnliche Hinweise gebe es im Duden auch bei etwa 200 anderen Begriffen in ähnlichen Kontexten.

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