… anstatt kritischer Begleiter
Im Moment finden interessante Verschiebungen am Medienmarkt statt. Nicht im Hinblick auf Besitzverhältnisse, jedoch im Hinblick auf leichte inhaltliche Verschiebungen. Die „Bild“ wie die „Welt“ verhalten sich ähnlich zueinander wie „Kleine Zeitung“ und „Presse“. Das eine Blatt sorgt für die Einnahmen, das andere für die ausführliche Berichterstattung.
Die deutschen Blätter haben in letzter Zeit mit überraschend deutlichen Positionen aufgewartet. Der Schlag gegen Suleiman wurde in der „Bild“ begrüßt. Dort erfuhr der Leser, dass der Terror-General sich am letzten Weg vom Flughafen nach Bagdad befand, während US-Präsident Trump Fleischbällchen und Eis zum Dessert verzehrte. Als Bin Laden zur Hölle fuhr, gab es bei Obama Sandwiches. Chacun a son gout. Aber es gibt nichts über handfeste Hausmannskost. Wenn es sich ausgeht.
In der „Welt“ durfte der Leser erfahren, dass sich Deutschland wieder einmal auf der falschen Seite der Geschichte befindet. Anstatt sich hinter die USA zu stellen, wird das Mullah-Regime nach wie vor hofiert und so die Hoffnung in Teheran erweckt, die Mächte im Westen weiterhin gegeneinander ausspielen zu können.
„Kleine Zeitung“ und „Presse“ erwecken hingegen den Eindruck kleiner Kinder zu Weihnachten. In diesem Fall handelt es sich nicht um Lego und Playmobil unterm Christbaum, sondern um eine brandneue Bundesregierung zu den heiligen drei Königen. Die Freude mit dem neuen Spielzeug ist ebenso groß.
Ein eindeutiger Beleg hierfür ist das Editorial des „Presse“-Chefredakteurs Nowak. Das Blatt habe zahlreiche Leserbriefe wie Zuschriften erhalten in denen die Sorge zum Ausdruck gebracht wurde, dass man die neue Regierung nicht kritisch genug beurteile. Im Gegenteil. Diese sogar begrüße.
Nowak hielt entgegen und erklärte, dass jede Regierung gleich kritisch behandelt werde. Wie es sich für die 4. Macht im Staate gehöre. Kontrollieren und kritisieren. Im Übrigen habe man auch ähnliche Sorgen, während der Regierungsbildung 2017 mitgeteilt bekommen.
Stellt sich nur mehr die Frage, warum dies 2017 nicht extra betont werden musste. 2020 hingegen schon.
Einer der Lehrer des Verfassers dieser Zeilen, Professor Höbelt, erklärte in seinen Vorlesungen, dass die Debatte im 19. Jahrhundert, um ein Vielfaches ehrlicher geführt wurde. Die Zeitungen hielten mit ihren Anschauungen nicht hinter dem Berg. Heute kommt die übertriebene Betonung der Objektivität lediglich einer Steigerung der Heuchelei gleich. Früher wusste man gleich, welche Katze man im Sack kaufte. Heute muss man zwischen den Zeilen lesen. Und dennoch lag das Niveau der alten Blätter sowohl über dem der heutigen Parteimedien als auch über dem der scheinbar Unabhängigen.
Mittlerweile vollzieht die „Krone“ weiterhin fröhlich, fromm, frisch und frei ihren Linksruck. Die Innenpolitik ist auf Türkis-Grün eingeschworen, die Außenpolitik auf Anti-Trump wie Anti-Johnson.
Offenbar hat die „Bild“ mit ihrem Linksruck früher begonnen und nunmehr ist der Leidensdruck im Hinblick auf die Einnahmen derart angestiegen, dass dieser wieder langsam korrigiert werden muss. Um wieder näher am Puls des Bürgers zu sein.
Die „Krone“ hat offenkundig noch Luft nach unten. Jedoch wird auch hier früher oder später der finanzielle Leidensdruck eine Kurskorrektur unerlässlich erscheinen lassen.
[Autor: G.B. Bild: GSvA Lizenz: –]