Aushöhlung der Wehrbereitschaft unter fadenscheinigen Begründungen hält an
Die Online-Medien berichteten grosso modo im Stil der Agenturmeldungen. Ein österreichischer Bundesheeroffizier sei vom Dienst enthoben worden. Weitere Maßnahmen werden durch die Disziplinarabteilung geprüft.
Anlass war ein T-Shirt, welches der Offizier bei einem Online-Video-Auftritt getragen hatte. Darauf war ein Gedicht abgebildet, welches allgemein dem Dichter Theodor Körner zugesprochen wird:
„Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten. Vom Feinde bezahlt, dem Volke zum Spott. Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, dann richtet das Volk. Dann gnade Euch Gott!“
Ein Faktencheck der dpa ergab, dass das Gedicht fälschlicherweise Körner zugeschrieben wird. Es soll sich um ein Gedicht einer rechtsextremen Autorin aus den 80er Jahren handeln.
„Googelt“ man ein wenig weiter, findet man zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens und Privatpersonen, welche das Gedicht unter Körner zitieren. Außerdem einige „Zitate- bzw. Sprücheseiten“, die das Gedicht ebenfalls Körner zuschreiben.
In Anbetracht dieser Tatsachen handelt es sich also um eine lässliche Sünde. Nämlich mangelnde Zitatrecherche. Im Unterschied zu den vielen Plagiatsfällen der letzten Zeit, denen man schlicht und ergreifend die Nichtexistenz von Recherche vorwerfen muss. Nicht nur unsorgfältige Recherche.
Verteidigungsministerin Tanner zeigte sich schockiert. Man könne seine freie Meinung äußern, auch als Offizier, jedoch ist rechtsextremes Gedankengut unverzeihlich. Der Grüne Wehrsprecher forderte gar die Einschaltung des Abwehramts.
So weit, so schlecht. Jedoch um wen handelt es sich bei besagtem Offizier: Um Johann Gaiswinkler. Dem Kommandanten der 6. Jägerbrigade. Also immerhin einen von vier Brigadekommandanten des österreichischen Bundesheeres.
Sein militärischer Werdegang liest sich wie der eines ebenso untadeligen wie vorbildlichen Offiziers. Einjährig Freiwilliger beim Landwehrstammregiment 81, MILAK, Ausmusterung 1984, Brigadekommandantenkurs als Lehrgangserster absolviert. Ab 2018 Kommandant der 6. Jägerbrigade. Zahlreiche Auslandseinsätze, unter anderem in Bosnien, Kosovo, Montenegro.
Privat ist Brigadier Gaiswinkler ebenfalls ein seltener Charakter: Verheiratet, fünf Kinder, drei Enkelkinder.
Solche Persönlichkeiten sind rar. Und sie werden immer rarer. Das inflationäre, leichtsinnige Verheizen, ob politisch inkorrekter Petitessen, wird das Befüllen wichtiger Positionen durch berufene Uniformträger immer schwieriger, wenn nicht unmöglich gestalten.
Und solche Persönlichkeiten werden wir brauchen. Im besagten Video-Interview: „Auf ein Wort – Johann Gaiswinkler“ gestattete er einen Einblick in seine geopolitischen wie sicherheitspolitischen Analysen.
Europa ist umgeben von einem brennenden Halbmond. Von Nordafrika bis zum Kaukasus. Es hat sich eine gefährliche Mixtur aus Migrationsströmen, Pandemie und Terror gebildet. Sollte noch ein „Black Out“ hinzukommen, dann „Gute Nacht, Österreich.“
Die Nachrichtendienste würden zwar gute Arbeit und die entsprechenden Informationen sammeln, jedoch wolle die Politik nicht ausreichend zuhören. So ist auch der Terroranschlag in Wien möglich geworden.
Der innere Widerspruch als Staatsbürger einerseits und Offizier, der einen Eid auf die Republik geleistet hat, andererseits macht es ihm schwierig. Dennoch wolle er als Staatsbürger vom Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen.
Verbot von Büchern, Löschen von Videos, Untersagung von Demonstrationen und die weit verbreitete Angst die Maßnahmen der Regierung zu kritisieren, lassen Bruchlinien in der Gesellschaft entstehen. Und 2021 drohen aus diesen Bruchlinien Gräben zu werden.
Aber: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Wie um seine Worte als selbsterfüllende Prophezeiung erscheinen zu lassen, wurde dieser weitsichtige und mutige Offizier vom Dienst enthoben.
Sollten sich auch seine geopolitischen Analysen als selbsterfüllende Prophezeiungen erweisen, gibt es nunmehr eine Führungspersönlichkeit weniger, die die österreichische Bevölkerung zu schützen im Stande ist.
Mit weichgespülten, aalglatten PR-Managern kann die Regierung die nächsten Wahlen vielleicht noch retten. Aber sie kann nicht die Feuer löschen, die auf uns überzuspringen drohen?
[Autor: G.B. Bild: Wikipedia/ Lizenz: CC BY-SA 3.0]