Van der Bellens großes Opfer

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Autor: E.K.-L. Bild: GSvA Lizenz: –


Von Medienleuten, die sich förmlich in den Staub werfen

Proskynese. Das Wort wird Ihnen vielleicht nichts sagen, deswegen sei es kurz erläutert. Unter Proskynese versteht man die Verehrung des Herrschers durch Sich-Hinwerfen und Berühren des Bodens mit dem Gesicht. Es handelt sich dabei um einen Bestandteil des alt-persischen Zeremoniells, das von Alexander dem Großen übernommen und im hellenistischen, römischen und byzantinischen Herrscherkult weitergeführt wird. Noch heute ist es in den christlichen Ostkirchen üblich (vor Ikonen, Kreuzen und der höheren Geistlichkeit).

Die Proskynese als Metapher kann dieser Tage für das Verhalten von Redakteuren in verschiedenen, hie und da mit öffentlichen Einschaltungen bedachten Zeitungen (böse Zungen sprechen von Lohnschreibern inseratengemästeter Hauptstrom-Medien; ZurZeit distanziert sich freilich davon) herangezogen werden. Konkret für die Lobeshymnen in Richtung Hofburg. Seit Herr Van der Bellen sich – auf Betreiben seiner Gattin? – am Sonntag zu einer erneuten Bewerbung für die im Artikel 60 des Bundes-Verfassungsgesetzes erwähnte Beamtenstelle bereiterklärt hat, ist sozusagen Österreichs mehr oder minder systemfromme Medienwelt in Aufruhr.

Da ist zum Beispiel in der Wiener Tageszeitung „Die Presse“ vom Österreichs ranghöchstem Sympathieträger die Rede. Gewiss, Geschmäcker und Ohrfeigen sind verschieden, aber es darf bezweifelt werden, dass der Mann spontan Gefühle der Sympathie hervorruft. Höchstens in der grünen Blase und ihren medialen Nachbetern, also bei einer quantité négligeable.

Eher ist der Begriff Mitleid zutreffend, vor allem, wenn man sich Herrn Van der Bellen am Montag (23. Mai) in der Nachrichtensendung „ZiB2“ des regierungsnahen Senders ORF angesehen hat.  Trotz der samtpfotigen Fragen des Moderators Martin Thür gerät da sein Gegenüber mitunter ins Schleudern.

Nun, der Mann in der Hofburg ist, ganz nebenbei bemerkt, ja überhaupt ein Ausbund an Bescheidenheit. So erklärt er gewissermaßen ex cathedra: Gerade jetzt braucht Österreich Erfahrung, Ruhe und Unabhängigkeit. Und die habe ich.

Eh klar: Er ist unabhängig, vor allem von der grünen Partei. Er strahlt Ruhe aus und schweigt, sobald ein blutjunges Mädchen Opfer einer Gruppenvergewaltigung wird (es gilt da die Unschuldsvermutung …), er hat Erfahrung als SPÖ-Mitglied, bei den Freimaurern, als Wähler der KPÖ (die wollte Österreich im Kalten Krieg hinter den Eisernen Vorhang verpflanzen; wer dieser Partei seine Stimme gab, der teilte offenbar das Ziel der KPÖ).

Bloß in der freien Wirtschaft – sei es als Unternehmer, sei es als Arbeitnehmer –, da hat dieser Herr keine Erfahrung. Er bleibt zeitlebens im geschützten Bereich der österreichischen Volkswirtschaft.

Die großformatige „Presse“ bringt am Mittwoch (25. Mai) ein ganzseitiges Interview mit dem Bewerber. Darin versteckt er keineswegs seine Talente. Ich finde, bei der Bundespräsidentenwahl geht es darum, wer unser Land am besten vertritt, wem man das zutraut und wer das schon bewiesen hat – ich finde, das bin ich … im Großen und Ganzen glaube ich schon, dass ich das gut gemacht habe … Finden Sie nicht, dass ich fitter bin als 2016? Tja, was man so alles „findet“, wenn man schon ausführlich beim Eigenlob ist.

Im lachsfarbenen „Standard“ versteigt sich eine gewisse Colette M. Schmidt sogar zur Feststellung Man muss Alexander Van der Bellen hoch anrechnen, dass er sich eine zweite Amtsperiode antun will. Mein Gott, der Arme! Aber angesichts der ruhigen Kugel samt standesgemäßer Entlohnung, Dienstwagen, Personenschutz und Urlaubsquartier auf Steuerkosten (Jagdschloss Mürzsteg) nimmt man das Opfer auf sich.

Das Lebensalter des im 79. Jahr stehenden Van der Bellen ist für Frau Schmidt geradezu ein Atout-As: Heute nennt man so jemanden nicht alt, sondern Best Ager. Also ganz unter uns: Solche Formulierungen sind wirklich ein Musterbeispiel für kritischen Journalismus!

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