“Aktive Jugend ist als politische Gestaltungsmacht entscheidend”

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Martin Sellner, ehemaliger Chef der nunmehr verbotenen Identitären ­Bewegung, über rechten Aktiomsimus und den politmedialen Gegenwind, der solchen Gruppierungen entgegenbläst.

Herr Sellner, es wird immer wieder von den Medien kommuniziert, dass in diesen Zeiten der Krisen die Jugend unter die Räder käme. Natürlich geht es primär um randalierende linke Gruppen. Wie aber sieht es bei den rechten Jugendlichen aus?

Martin Sellner: Im Zeitalter der Perspektivenlosigkeit kommt es bei den bestehenden Krisen noch zu einer weiteren Zuspitzung. Diese Krisen sind aber nicht nur materieller Natur, sondern in ganz erheblichem Ausmaß auch von geistiger und kultureller Art. Wir haben bei uns natürlich die traditionellen linken, aber auch patriotische Gruppen und im Zuge der Zuwanderung verstärkt solche mit islamischen Strömungen.

Martin Sellner, ehemaliger Chef derIdentitären (Bild: walter-wobmann.ch)

Wenn Sie von einer patriotischen Richtung sprechen, meinen Sie wahrscheinlich jene der Identitären Bewegung, an deren Aufbau Sie ja maßgeblich beteiligt waren. Könnten Sie kurz schildern, wie es zu dieser Entwicklung gekommen ist:
Sellner: Ja, die Identitäre Bewegung ist eine patriotische, neurechte Jugendbewegung in Österreich. Sie wurde im Jahr 2012 gegründet. Sie hat dann begonnen, in Verbindung mit anderen identitären Bewegungen in Europa einen neuen Stil in ihrem Auftreten, mit ihrem Aktionismus zu präsentieren. Das führte zu großem Aufsehen und nahm Einfluss auf die politische Debatte in Österreich. Sie will eine Plattform bieten für patriotische Jugendliche, die auf demokratische Weise ihre Ziele verfolgen und aktiv werden wollen.

Wenn Sie den Aktionismus ins Spiel bringen, so unterscheiden Sie sich da wesentlich von anderen Jugendbewegungen rechter Natur, die ja eher zurückhaltend agieren und auf Aktionismus weitgehend verzichten. Ein Aktionismus, der in erster Linie dem grünlinken Lager zugeschrieben wird.
Sellner: Stimmt, aber das ist gerade ein großer Fehler des rechten Lagers. Das glaubt auch, dass die Geisteswissenschaft, Kunst, Kultur,Philosophie oder die Religion ohnehin eher links, oder eher „gutmenschlich“ wären. Die Rechten lassen hier Wesentliches außer Acht. Aktionen sind ein wichtiger Bestandteil der demokratischen Debatte. Eine aktive Jugend ist entscheidend als politische Gestaltungsmacht im Kampf um das Parlament. Das ist mit ein Grund dafür, dass wir uns entschlossen haben, diesen Teil des Kampfes aufzunehmen.

Den Fehler mangelnden Aktionismus aus rechter Sicht haben Sie nicht gemacht, können sie vielleicht ein, zwei Beispiele nennen, die Ihnen besonders geglückt sind?
Sellner: Es gibt eine ganze Menge gelungener Aktionen. Ein besonders gutes Beispiel ist für mich die Aktion der Identitären in den italienisch-französischen Alpen. Da wurde ein Alpenpass gesperrt. Es wurden sogar Helikopter eingesetzt, Tonnen von Material wurden da hinaufgebracht. Die Aktion hat einen ganz wichtigen Schlepperpfad zwischen Frankreich und Italien blockiert. Präsident Macron musste eingreifen und die Polizeikräfte einsetzen. Das ist aktives Handeln, das die Politiker zwingt, etwas zu unternehmen.

Man behandelt die Identitären wie Terroristen, um junge Leute ­abzuschrecken.

Dieser Aktionismus ist ja bei den Behörden und offiziellen Stellen nicht gerade auf Gegenliebe gestoßen. Sie haben sich damit, auch wieder zum Unterschied von den linken Gruppierungen, in der EU und den Nationalverwaltungen richtig Feinde geschaffen. Wie beurteilen Sie diesen zusätzlichen Widerstand, der Ihnen da erwachsen ist?
Sellner: Als wir eine gewisse Größe erreicht hatten und größere Projekte in Angriff nehmen konnten, haben wir auch große Gegner auf den Plan gerufen. Das waren nicht nur Politiker aus der EU und ihrer Nationalstaaten, sondern auch „Think Tanks“ und andere zivile Einrichtungen, die richtiggehende Hassinitiativen einsetzten. Das führte unter anderem zu Bankkontensperrungen oder Maßnahmen gegen uns auf sozialen Plattformen, dann das Symbolverbot und überhaupt das Totalverbot der Identitären Bewegung in Frankreich.

Diese Verbote auch gerichtlicher Natur müssen doch junge Leute, die bei Ihnen nachrücken müssten, abschrecken …
Sellner: … richtig, das ist der Grund für die Repression. Dies obwohl unser Vorgehen legal und gewaltfrei ist. Sehr zum Unterschied von linken Gewaltaktionen und Vandalismus, oder vom immer stärker um sich greifenden Klimavandalismus. Man behandelt uns dennoch wie Extremisten, ja wie Terroristen, damit junge Menschen, die Karriere machen und Familien gründen wollen, abgeschreckt werden. Darauf muss man reagieren. Daher kommt es dazu, dass die Identitären in letzter Zeit bei Aktionen maskiert auftreten. Damit kann man sie nicht so rasch an die Öffentlichkeit zerren.

Es gibt einen Unterschied in der ­Kulturpflege zu Ländern wie Italien oder Frankreich.

Meines Wissens ist Ihre Bewegung altersmäßig eingegrenzt. Sie soll sich primär im jungen Bereich bewegen. Ab einem gewissen Lebensalter, ich glaube es sind 30 Jahre, sollte man sich von den Identitären zurückziehen, zumindest was die aktionistischen Aktivitäten anbelangt.
Sellner: Ja, das ist generell richtig. Es gibt aber auch eine Bürgerbewegung, wo die Jungen mit älteren Semestern gemischt auftreten. Es ist gewissermaßen ein Auffangbecken für patriotisch Interessierte.
Hinsichtlich einer Abgrenzung zu anderen rechten Jugendbewegungen: Worin besteht eigentlich der Unterschied der Identitären zu den Burschenschaften? Diese scharen nun auch schon seit zweihundert Jahren junge Leute um sich?
Sellner: Diesbezüglich würde ich von einer Aufgabenteilung sprechen. Im rechten Lager gibt einerseits die aktionistische Richtung, es gibt aber auch Gegenkultur und Theoriebildung. Ich sehe eine kulturelle Verbindung zu Burschenschaft oder Turnerbund oder anderen Jugendverbindungen. Die Aktionsbewegungen haben eine eigene Aufgabe, wobei es auch in unseren Rängen sehr viele Korporierte gibt. Auch sehr viele Burschenschafter. Das sind also zwei wichtige Bereiche des rechten Lagers, die sich ergänzen.

Ist jetzt abgesehen von dem sich ergänzenden nicht auch ein trennender Faktor zu beobachten? Während Sie sich, soweit ich das richtig verstanden habe, als internationale Organisation sehen, will die burschenschaftliche Bewegung doch eher nationale Ziele verfolgen.
Sellner: Das schaut vielleicht auf den ersten Blick so aus. Wir sind allerdings keine internationale Verbindung wie etwa „Greenpeace“ oder auch kein Zusammenschluss wie die Internationale Sozialdemokratie. Wir verfolgen auch primär nationale oder bestenfalls noch europäische Ziele. Ganz wichtig für uns ist unsere Position, die ein Europa der Vaterländer vertritt.

Sie haben aber beispielsweise vorher von der Alpenpassbesetzung zwischen Frankreich und Italien gesprochen, die Sie als großen Erfolg für die Identitären bezeichnet haben.
Sellner: Die internationale Vernetzung mit anderen identitären Bewegungen schließen wir nicht aus. Es ist allerdings klar, dass traditionalistische gegenkulturelle Verbindungen viel stärker mit der eigenen Nation verbunden und auch darauf beschränkt sind. Ich sehe da auch einen Unterschied im Bereich der Kulturpflege, die beispielsweise in Frankreich und Italien logischer Weise auf das eigene Land beschränkt ist. Es gibt ja keine europäische Kultur und Tradition im eigentlichen Sinne. Im Bereich der Bewegung ist aber durchaus eine stärkere Vernetzung möglich.

Abschließend eine Frage, die für Sie möglicherweise schwer zu beantworten ist. Worauf können wir uns gefasst machen? Was dürfen wir von den Identitären in nächster Zukunft erwarten?
Sellner: Wir haben es jetzt nach zwei Jahren starker Repression geschafft, als Gruppe zu überleben. Wir haben neue Ziele akzentuiert und diese regelmäßig mit Aktionen verfolgt. So konnten wir zum Beispiel mit unserem Protest gegen das Ute-Bock-Zentrum und auch gegen Omofuma-Gedenkstätten Aufsehen erregen. Wir haben aber auch für Infrastruktur gesorgt. In drei österreichischen Stätten haben wir regionale Zentren aufgebaut. Für die Zukunft ist es beispielsweise unser Ziel, in der kommenden Migrationskrise den Fokus des Widerstandes auf die Grenzen zu lenken. Die Leute, die in der Corona-Krise aufgewacht sind, vor allem die jungen Leute, müssen im Rahmen unserer Bewegungsarbeit geschult werden. Wir werden, auch bei einer eventuellen rechten Regierungsbeteiligung, stets von der Straße aus Druck ausüben, damit wir dazu beitragen, den Bevölkerungsaustausch aufzuhalten.

Das Gespräch führte Walter Tributsch.

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