Luxemburg: Aus für den Herrn Oberlehrer

by John Tuscha

Autor: E.K.-L. Bilder: Wikipedia/EU2018BG Bulgarian Presidency Lizenz: CC BY-SA 2.0 DEED


Jean Asselborn ist nicht mehr Außenminister des Großherzogtums

Die Neuwahl der luxemburgischen Abgeordnetenkammer (60 Sitze) vom 8. Oktober beschert den Grünen (luxemb. Déi Gréng) herbe Verluste, sie schmelzen von neun auf vier Mandate. Dadurch verliert die bisherige Regierungskoalition aus Liberalen (Demokratische Partei; DP), Sozialisten (Luxemburgische Sozialistische Arbeiterpartei; LSAP) und Grünen unter dem Ministerpräsidenten Xavier Bettel (DP) ihre knappe Mehrheit von 31 Sitzen. Das neue Kabinett setzt sich aus der Christlich-Sozialen Volkspartei und den Liberalen zusammen, die zusammen über eine solide Mehrheit von 35 Mandaten verfügen. Großherzog Heinrich aus der ursprünglich deutschen Dynastie Nassau gelobt am 17. November den Christdemokraten Luc Frieden als Premier an. Neuer Außenminister und Vize-Premier ist der bisherige Regierungschef Xavier Bettel.

Damit muss auch der bisherige sozialistische Außenminister Jean Asselborn abtreten. Der im 75. Lebensjahr stehende Politiker fällt in den Jahren seiner Ministerschaft (er ist nicht bloß Außenamtschef, sondern auch Minister für Einwanderung und Asyl) durch seine penetrante Oberlehrer-Attitüde auf, die auf keine große Gegenliebe stößt. So meint Asselborn, der sich als Vertreter einer Großmacht aufspielt, im September 2016, Ungarn behandle Flüchtlinge fast schlimmer als Tiere und deswegen sei das Land aus der EU auszuschließen, was – nebenbei bemerkt – rechtlich gar nicht möglich ist. Italiens Matteo Salvini wiederum warf er vor, Methoden und Töne der Faschisten der Dreißigerjahre zu verwenden. Durch derlei Äußerungen wird Asselborn nicht mehr ganz ernstgenommen.

Auch unserer Heimat gegenüber verhält sich Luxemburgs bisheriger Außenminister eher feindselig. Im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik – Asselborn ist ja ein begeisterter Willkommensklatscher – ruft er 2021 zum Widerstand gegen Österreich (konkret: wegen der von ihm gewünschten Aufnahme afghanischer Asylanten) auf.

Doch Asselborn, der sich stets als moralische Instanz und beherzten antifaschistischen Vorkämpfer aufspielt, sollte zunächst vor der eigenen Tür kehren, denn die Rolle seines Landes im Zweiten Weltkrieg ist durchaus hinterfragenswert: Im Mai 1940, als die deutsche Wehrmacht einmarschiert, flüchtet zwar Großherzogin Charlotte mit ihrer Regierung, aber sonst regt sich kaum Widerstand. Im Gegenteil: Ein Gutteil der Einwohner tritt der NS-freundlichen Volksdeutschen Bewegung bei, die zeitweise 70.000 Mitglieder zählt. Tausende melden sich freiwillig zur Wehrmacht und auch zur Waffen-SS. Um die deutschfreundliche Haltung vieler Luxemburger zu kaschieren, stellt der Kleinstaat 1945 sogar Gebietsansprüche an das am Boden liegende Deutsche Reich …

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