Ungarn: Bittere Pille für die Orbán-Gegner

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Autor: E.K.-L. Bild: Wikipedia/Draskovics Ádám (www.adamdraskovics.hu) Lizenz: CC BY 4.0


Oppositionsbündnis verlor in den letzten Monaten stark an Zuspruch

Der eher linksstehende ungarische Online-Nachrichtendienst 444 veröffentlicht unlängst das Ergebnis einer Meinungsbefragung, die eine ziemliche Enttäuschung für das vor einigen Monaten geschmiedete Oppositionsbündnis unter Führung von Péter Márki-Zay darstellt. Es ist die erste Umfrage, seit sich sieben oppositionelle Gruppen – von den Postkommunisten bis zur früher patriotisch eingestellten Jobbik – auf ein gemeinsames Antreten bei der nächsten Parlamentswahl im April 2022 geeinigt haben.

444 titelt seinen Beitrag mit Hetek óta vitatkoznak a kampány színein, miközben a Fidesz egyre csak erősödik (dt. Sie streiten seit Wochen über die Farben der Kampagne, während Fidesz an Stärke gewinnt) und schreibt (gerafft und sinngemäß):

„Am Mittwoch (15. Dezember) erhielten die Führer der Oppositionsparteien die jüngste, noch nicht veröffentlichte Meinungsumfrage, die von der neuen oppositionellen Wahlkampfzentrale in Auftrag gegeben wurde. Die Zahlen sind ernüchternd: Fidesz-KDNP bekommt bei der Sonntagsfrage 46 %, für die Liste der Oppositionskoalition würden nur 32 % der Wähler stimmen. Darüber hinaus geben 5 % der Mi hazánk mozgalom (dt. Bewegung für unser Land; rechte Abspaltung der Jobbik, welche die ursprünglich patriotische Richtung weiterhin beibehält) sowie weitere 4 % der Juxpartei Magyar Kétfarkú Kutya Párt (dt. Ungarische Partei des zweischwänzigen Hundes)  den Vorzug. Schließlich geben 12 % der Befragten an, sie würde entweder gar nicht wählen gehen oder wollen ihre Präferenz nicht preisgeben. 52 % der Befragten wünschen, dass die derzeitige Regierung bleibt, und nur 43 % würden einen Regierungswechsel bevorzugen.“

Das Portal 444 sieht hinter diesem Desaster die seit Mitte Oktober konstatierte Untätigkeit der Oppositionsparteien, die der Fidesz ausgenutzt habe, um wieder in die Offensive zu gehen.

Was Wunder: Während Viktor Orbán die Interessen des Landes und seiner Bewohner wahrnimmt, verzettelt sich das Bündnis der Opposition in einer Unzahl interner Debatten, Bildung von Arbeitsgruppen sowie in der Ausarbeitung von Kommunikationsplänen.

444 schreibt dazu: „Der Entscheidungsprozess ist in der Regel eher umständlich. In den letzten Wochen haben eine Reihe von Ausschüssen und Arbeitsgruppen ihre Arbeit aufgenommen, von denen einige 20 Stunden pro Woche zusammengetreten sind, aber diese praktischen Entscheidungen bleiben oft stecken, da Delegierte aller Parteien ein Vetorecht haben.“

Es scheint, als habe die Opposition seit Mitte Oktober durch ihre rein nach innen gerichtete Energie an Schwung verloren. Das ist auch zu erwarten gewesen, weil Ferenc Gyurcsány, dessen Ehefrau Klára Dobrev die Vorwahl die Vorwahl gegen den Konservativen Péter Márki-Fay verloren hat, höchst unzufrieden ist und außerdem mit der ebenfalls zum Anti-Orbán-Bündnis gehörenden Momentum-Bewegung (praktisch nur in Budapest existent, von vermögenden Handelstreibenden unterstützt und in der hauptstädtischen Schwulenszene gut vernetzt), aber auch mit der winzigen Dialog-Gruppierung des Budapester Oberbürgermeisters Gergely Karácsony im Streit liegt.

Besonders bitter für die sieben Parteien, die Fidesz im April 2022 besiegen wollen: Noch im Oktober erhoben mehrere Meinungsforschungsinstitute, wonach Fidesz-KDNP und das Bündnis der Opposition faktisch gleichauf liegen, tendenziell mit einem leichten Vorsprung für die Opposition.

Wie die renommierte deutschsprachige „Budapester Zeitung“ am 20. Dezember vermeldet, verliert  Péter Márki-Zay seit seiner Wahl zum Spitzenkandidaten der Opposition deutlich an Popularität. Dies geht aus der aktuellen Erhebung der Századvég-Stiftung hervor. Im Oktober, nach der zweiten Runde der Vorwahl der Oppositionsparteien, beurteilten 42 % der Befragten Márki-Zay positiv, 47% negativ. Im Dezember war das Urteil: 36 % positiv und bereits 56 % negativ. Márki-Zay wird ausschließlich in Budapest überwiegend positiv bewertet (mit 49 %), auf dem Lande hingegen sehen ihn 61 % (!) als negativ. Die Umfrage von Századvég ergibt, dass ihn 44% der Wähler unter 40 Jahren mögen, verglichen mit nur 30% der über 40-Jährigen. Bei den Rentnern, die stets zuverlässig an die Wahlurne schreiten, ist der Oppositionskandidat sehr unbeliebt, nur 24% halten ihn für einen guten Kandidaten, 66% lehnen ihn ab.

Márki-Zay ist eine Art tickende Zeitbombe, die viele Wählergruppen vor den Kopf stößt. Die Fidesz-Wähler bezeichnet er als Pilze, die im Dunkeln gehalten und mit Mist gefüttert werden. Zudem stößt er viele mit seiner Forderung nach Streichung des Mindestlohns vor den Kopf, verletzt damit vor allem Niedrigverdiener.

Die Erhebungen von Századvég zeigen, dass die Regierungsparteien Fidesz und KDNP (Christdemokraten) in den meisten Altersgruppen eine starke Position haben. Demgegenüber zieht Márki-Zay die Opposition nach unten, anstatt sie zu beflügeln.

Fazit: Fidesz wurde im Vergleich zur Zeit der Vorwahl der Opposition deutlich gestärkt.

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