Autor: E.K.-L.
Ein schönes Beispiel für Wertkonservativismus
Der nunmehr vorliegende Gesetzesvorschlag für das Budget 2023 enthält zwei überaus erfreuliche Neuerungen im Verfassungsrang, die im Zeitalter der Globalisierung das nationale Bewusstsein der Magyaren stärken sollen: Die Verwaltungseinheiten des Landes sollen wieder den von den Kommunisten mit dem Gesetz Nr. XX/1949 abgeschafften Namen vármegye (Burgkomitat; sohin der weitere Landstrich um eine Burg; auch: Grafschaft) erhalten; dies statt der verstümmelten Bezeichnung megye (Komitat). Seit über eintausend Jahren hießen die Landkreise Ungarns so. Der Name ist also im historischen Gedächtnis der Nation stark verankert.
Überdies erhalten die Regierungsbeauftragten (kormánymegbízott) wiederum den seit Jahrhunderten gebräuchlichen Namen főispán (Obergespan). Dieser nimmt im Burgkomitat die Regierungsaufsicht wahr, während der Vizegespan (alispán) der Leiter der Selbstverwaltung ist.
Nach Ansicht des Fidesz-Fraktionsführers Máté Kocsis im Budapester Parlament gewährleiste die Wiedereinführung der historischen Benennungen in das heutige Rechtssystem, dass die verfassungsrechtlichen Traditionen der tausendjährigen ungarischen Staatlichkeit in dieser Form weiterleben. Für die Annahme der neuen Verfassungsbestimmungen wird in der Volksvertretung (199 Sitze) eine Zweidrittel-Mehrheit benötigt, welche durch die 135 Mandatare von Fidesz und KDNP-Christdemokraten gewährleistet scheint.
Die Rehabilitierung historischer Begriffe in der Verwaltungsterminologie ist der Fidesz-KDNP-Regierung nicht fremd. So erhielt vor Jahren der bisherige Oberste Gerichtshof (Legfelsőbb Bíróság) wieder den althergebrachten Namen Kúria.
Wie nicht anders zu erwarten, ist die Opposition wenig erfreut, vor allem die Postkommunisten. So meint der oppositionelle Bürgermeister von Budapest, Gergely Karácsony, Anführer der Splittergruppe Dialog: „Erst Obergespan, dann Burgkomitate, wenn es so weitergeht, wird Ungarn wieder ein Königreich …“.