Der Obmann des Kärntner Heimatdienstes Dr. Josef Feldner über 100 Jahre Kärntner Volksabstimmung, über ein friedliches Miteinander und fehlendes Traditionsbewusstsein.
Herr Doktor Feldner, der Kärntner Heimatdienst setzt wesentliche Aktivitäten rund um das 100-Jahr-Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung. Welche davon würden Sie als Obmann des KHD besonders herausstreichen?
Josef Feldner: Zuerst den Festakt „100 Jahre historischer Kärntner Heimatdienst“ am 10. März 2020 in Klagenfurt als Dankeschön an alle damaligen KHD-Vertrauensleute, die unter Geschäftsführer Hans Steinacher mit aufopferndem und selbstlosem Einsatz dazu beigetragen haben, dass bei der Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 die Landeseinheit Kärntens erhalten geblieben ist. Mit der am 3. Oktober erfolgten Enthüllung unseres Jubiläumsdenkmals „Gemeinsame Heimat Kärnten“, anlässlich 100 Jahre Kärntner Volksabstimmung, haben wir auf einer eigenen Gedenktafel Hans Steinacher für seine großen Verdienste im Abwehrkampf und als pro-österreichischen Motor vor der Volksabstimmung gewürdigt.
Das Land Kärnten hat ob der Coronakrise sämtliche Großveranstaltungen zum Jubiläum abgesagt. Das führte teils zu massiver Kritik, warum man etwa auf der einen Seite vor 1.500 Zusehern Eishockey spielen könne, aber nicht mit ebenso vielen Menschen eine große Landesfeier durchführen dürfe. Wie sehen Sie das?
Feldner: Zweifellos machten die ständig neuen Beschränkungen „dank“ Corona eine längerfristige Planung nicht möglich. Das muss man schon auch sehen. Aber wir haben, wie oben angeführt, darauf mit unseren eigenen Veranstaltungen geantwortet, die noch den Vorteil der freien Programmgestaltung zur Präsentation unserer umfassenden Anliegen hatten. Zusätzlich konnten wir mit einigen Publikationen und sonstige Aktivitäten Aufmerksamkeit erregen. Mit einer Laser-Projektion zum 100-Jahr-Jubiläum in Klagenfurt und Völkermarkt werden wir überdies Neuland betreten und neue Akzente im Gedenken an die Kärntner Volksabstimmung setzen.
Kommen wir zu den Aktivitäten des Landes selbst. Sind hier die richtigen Initiativen gesetzt worden, und ist denn der Tenor der richtige?
Feldner: Dank der finanziellen Unabhängigkeit des Heimatdienstes von öffentlichen Mitteln haben wir uns um kein Projekt beworben. Ein Großteil der Projekte blieb übrigens außerhalb der Wahrnehmungsgrenze. Wenn wir für Meinungspluralität eintreten, dann müssen wir diese auch allen anderen Seiten einräumen. Auf einem anderen Blatt geschrieben steht allerdings die großzügige Förderung aus Steuermitteln für gelinde ausgedrückt grenzwertige Produkte. Hier ist der für Projektvergabe und Landesförderung nicht verantwortliche Teil der Politik aufgefordert, kritisch zu reagieren.
Historisch betrachtet: Wie würden Sie die Entwicklung der Feierlichkeiten in den letzten Jahrzehnten betrachten? Gibt es hier überhaupt auch ein ausreichendes Bewusstsein in der Bevölkerung über die Bedeutung des Kärntner Abwehrkampfes und der erfolgreichen Volksabstimmung?
Feldner: Der Kärntner Heimatdienst tritt in und außerhalb der Kärntner Konsensgruppe für ein friedliches Miteinander aller Kärntner ohne Rücksicht auf Sprachzugehörigkeit ein. Auch für gemeinsame Gedenkveranstaltungen mit gemeinsamem Opfergedenken, allerdings bei Unantastbarkeit des Ergebnisses der Volksabstimmung 1920. Dieses Eintreten für Gemeinsamkeit, Verständigung und Versöhnung, mit der Forderung nach Gegenseitigkeit, steht aber keineswegs in Widerspruch zu unserem Traditionsbewusstsein. Und hier gibt es Handlungsbedarf, beginnend in den Schulen, in denen Abwehrkampf und Volksabstimmung seitens der Lehrerschaft immer geringere Bedeutung beigemessen wird. Da sind das Land Kärnten im Allgemeinen und die Schulbehörden im Besonderen gefordert.
Kommen wir zur Gegenwart und jüngeren Vergangenheit. Sie haben federführend in der sogenannten Konsensgruppe für Verständigung und ein Miteinander mit der slowenischen Volksgruppe in Kärnten gearbeitet. Wo steht denn Ihres Erachtens der Konsens? Ist diese Konsensgruppe überhaupt noch notwendig?
Feldner: Die Kärntner Konsensgruppe, deren Arbeit und Ziele auch maßgeblich vom Kärntner Heimatdienst bestimmt werden, hat mit ihrem Konsensvorschlag 2005 im jahrzehntelangen Ortstafelstreit entscheidend zur Ortstafellösung unter dem freiheitlichen Landeshauptmann Gerhard Dörfler beigetragen. Mit unserer Aufklärungsarbeit bei gemeinsamen Informationsveranstaltungen im gemischtsprachigen Gebiet konnten wir der Deutschkärntner Bevölkerung im Grenzland weitestgehend die Ängste vor „Slowenisch-Kärnten“ nehmen.
Wir haben in Zeiten, in denen wir von illegaler Massenzuwanderung – gegen die wir entschieden auftreten – bedroht sind und weltweit Kriege geführt werden, ist ein Volksgruppenstreit anachronistisch. Nicht jedoch die Stärkung des sprachenübergreifenden Zusammengehörigkeitsgefühls, ohne kulturelle und nationale Selbstaufgabe.
In die Zukunft gedacht: Welche Bedeutung hat denn die Kärntner Landeseinheit für die großen Fragen unserer Zeit – etwa die Globalisierung, die Massenzuwanderung, oder die Zentralisierung der europäischen Union?
Feldner: Die Kärntner Landeseinheit bleibt bei bleibendem Landesbewusstsein bedeutend. Die Auseinandersetzung mit den großen Fragen unserer Zeit ist eine völlig andere Angelegenheit und hat damit nichts zu tun.
Das Gespräch führte Friedrich-Wilhelm Moewe.
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