Liechtenstein: Direktwahl der Minister durch das Volk?

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Autor: E.K.L. Bild: böhringer friedrich Lizenz: CC BY-SA 2.5 DEED


Am 25. Februar stimmen die Bürger über eine Änderung der Verfassung ab

Bei einer Meinungsumfrage im Jahr 2016 befürworten 67 Prozent der Befragten eine Mitbestimmung des Volkes bei der Besetzung der Regierung. Bedächtig wie man im Umkreis der Schweiz eben ist – schließlich soll nichts übers Knie gebrochen werden –, hat nun die Oppositionspartei „Demokraten pro Liechtenstein“ eine Volksabstimmung durchgesetzt, bei der die Stimmbürger darüber entscheiden mögen, ob in Hinkunft die Regierung (Regierungschef plus vier Minister) direkt vom Volk gewählt werden soll oder aber wie bisher vom Parlament (Landtag). Formal betrachtet werden dann die in Aussicht genommenen Regierungsmitglieder dem Fürsten zur Ernennung präsentiert und vom Staatsoberhaupt ernannt. Diese Funktion bekleidet seit November 1989 S. D. Fürst Hans-Adam II., der jedoch die Geschäftsführung im August 2004 seinem Sohn Alois, dem Erbprinzen, anvertraut hat.

Dieses Prozedere fußt auf der Verfassung aus dem Jahr 1921. Danach teilen sich Fürst und Volk die Souveränität. Der geschichtliche Hintergrund: Nach dem Ersten Weltkrieg ändert Österreich seine Staatsform, dadurch ist die kleine Monarchie zwischen zwei Republiken – Österreich und die Schweiz – eingekeilt. Der damalige Fürst Johann II. residiert in Wien (bis 1938, danach Übersiedlung nach Vaduz) und hat bis dahin den Landstrich am Oberrhein gleich einem größeren Gutshof von einem Vogt verwalten lassen. Um in Liechtenstein der Gefahr einer Umwandlung in eine eigene Republik oder einem Anschluss als Kanton an die Schweiz vorzubeugen, kommt der Fürst den Bürgern entgegen. Dies in Gestalt der Verfassung 1921 mit einem Verzicht auf die alleinige Ausübung der Souveränitätsrechte durch den Monarchen.

Was sieht der Vorschlag der Partei „Demokraten für Liechtenstein“, der den Bürgern zur Abstimmung vorgelegt wird, konkret vor? Die Volkswahl der vier Minister, der sogenannten Regierungsräte, soll dergestalt erfolgen, dass jeweils zwei Minister vom Oberland im Süden des Fürstentums (sechs Gemeinden der ehemaligen Grafschaft Vaduz) sowie vom Unterland im Norden (fünf Gemeinden der seinerzeitigen Herrschaft Schellenberg) gewählt werden. Der Regierungschef wird von der Gesamtbevölkerung gekürt. Die Sieger der Wahl werden sodann vom Landtag dem Fürsten zur Ernennung vorgeschlagen. Falls die Volksvertretung mit einem der siegreichen Bewerber nicht einverstanden sein sollte, dann gibt es eine Neuwahl des Parlaments.

Derzeit sitzen im Landtag 25 Mandatare: Die beiden größeren Parteien „Vaterländische Union“ sowie „Fortschrittliche Bürgerpartei“ verfügen über je zehn Sitze, die grün-alternative „Freie Liste“ drei und schließlich die „Demokraten pro  Liechtenstein“ mit zwei Sitzen. Wie eng verflochten die kleine politische Kaste ist, zeigen die Familiennamen der Abgeordneten: Je zwei schreiben sich „Kaufmann“ bzw. „Vogt“, gleich drei der 25 Landesväter tragen den Familiennamen „Frick“ (Albert, Walter und Peter).

Die Front gegen die Initiative der oppositionellen Kleingruppierung „Demokraten für Liechtenstein“ ist überaus breit: Erbprinz Alois zeigt sich besorgt, ebenso die Regierung, die von den beiden größeren Parteien des Landes getragen wird. Argument der Kritiker: Sollte es bei der Volksabstimmung zu einer Mehrheit für eine Verfassungsänderung kommen, so bestünde die Regierung aus fünf Einzelkämpfern, die vielleicht untereinander spinnefeind wären und im Landtag keine Mehrheit hinter sich hätten.

Trotzdem ist der Ausgang der Abstimmung am Sonntag, dem 25. Februar, alles andere als klar. Denn manchmal stellen sich die überaus selbstbewussten Bürger des Fürstentums gegen die Obrigkeit.

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