Eine Hand wäscht die andere

by admin2

Wer kennt nicht dieses Sprichwort, das schon so vielen nicht nur zu wirtschaftlichen, sondern auch zu finanziellen Vorteilen verholfen hat? Du bist Maurer und stellst mir die Mauern für mein neues Haus auf und ich bin Zimmermann und mache dir den Dachstuhl. Nachbarschaftshilfe war eine Form von „eine Hand wäscht die andere“, die vielen jahrhundertelang dabei geholfen hat, Wünsche leistbarer zu machen. So lange, bis der Fiskus eine nicht erbrachte Steuerleistung für eine erbrachte, zu versteuernde Leistung darin erkannte und die Wirtschaft entgangene Geschäfte reklamierte.

Dem Hilfs- oder Pfuscherwesen wurde Einhalt geboten. Die Finanzpolizei kam zum Einsatz und so mancher musste und muss noch immer mit empfindlichen Strafen rechnen.

Nur Eigenleistung und Fami­lien­hilfe sind straffrei und werden nicht geahndet.

Aber wie sieht es mit den nicht handwerklich erbrachten Leistungen aus? Mit der „Eine Hand wäscht die andere“-Mentalität in höheren Kreisen? Mit der Freunderlwirtschaft sozusagen, die in vielen Bereichen gang und gäbe ist? Postenvergabe im Staatsdienst zum Beispiel. Es gab Zeiten, wo ein Lehrerposten ohne Parteibuch undenkbar war. Bei den ÖBB, beim Militär, der Post, beim Land und den Gemeinden detto. Ein Arbeitsantritt bei diesen Arbeitgebern war zumeist mit der Verpflichtung einer Mitgliedschaft bei der Gewerkschaft verbunden. Heute wird bei höheren Diensten verpflichtend eine Ausschreibung gefordert. Eine Kommission entscheidet dann und vergibt den Job an die ihrer Meinung nach
geeignetste Person.

Die Chats, die in allerhöchsten Kreisen in der letzten Zeit versandt wurden, beweisen eindrucksvoll, wie und mit welchen Gegenleistungen verbunden Jobs vergeben und damit Postenschacher betrieben wird. Und immer gilt die Unschuldsvermutung, bis das Gegenteil bewiesen ist, obwohl es förmlich auf der Hand liegt, dass Postenschacher betrieben wurde. Und das vermutlich mit Gegenleistungen in finanzieller Form an welche Institution auch immer. Die Großen können es sich richten und die Kleinen müssen drauf verzichten. Und wenn sich herausstellt, dass Postenschacherbevorzugte in verantwortungsvollen Positionen, jedoch ohne Verantwortung, nichts taugen, dann werden sie, mit hohen Abfertigungen ausgestattet, in andere Funktionen, jedoch ohne finanzielle Nachteile, befördert. Und wenn das nicht möglich ist, dann werden Posten und Funktionen geschaffen. Was muss sich ein österreichischer Bürger ohne mastdarmakrobatischen Fähigkeiten oder Möglichkeiten denken, wenn er mit Meldungen dieser Art konfrontiert wird?

Richtig. Beim Kopf beginnt der Fisch zu stinken. Schlimm ist nur, dass sich die Freunderlwirtschaft nicht wegdividieren lässt. Wir, das Volk, sind zwar alle gleich, doch manche sind gleicher.

Manfred Tisal ist Kabarettist, Moderator, Autor und Journalist.

[Autor: Bilder:PxHereLizenz: -]

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