Telegram – vom „rechten Hetzkanal“ zur „Stimme der Freiheit“

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Autor: U.K. Bild: Pixabay Lizenz: –


Russlands Einmarsch in der Ukraine hat bei vielen europäischen Spitzenpolitikern zu erstaunlichen Kehrtwendungen ihrer veröffentlichen Ansichten geführt, zu Drehungen um 180 Grad, die vorher undenkbar schienen.

Ein markantes Beispiel ist der Internet-Nachrichtenkanal Telegram. Weil sich Telegram, mit Sitz in Dubai und gegründet von den beiden Russen Nikolai und Pawel Durow, partout nicht staatlichen Zensurbemühungen unterwerfen wollte und stets auch sehr kontroverse Meinungen in seinem sozialen Netzwerk geduldet hat, planten deutsche und österreichische Regierungspolitiker bis vor Kurzem sogar ein Verbot und eine Netzwerk-Sperre dieses freien Nachrichtenmediums.

Es ist mal gerade drei Monate her, dass die stramm linke deutsche Innenministerin Nancy Faeser und ihr niedersächsischer Amtskollege Boris Pistorius (beide SPD) eine Löschung der Telegram-App bei Google und Apple verlangten und eine Sperre des Telegram-Diensts auf Internet- und Netzwerkebene in der Bundesrepublik ins Auge gefasst hatten. Denn Telegram diene „Menschen in Deutschland als Vernetzungsebene von Querdenkern, Corona-Leugnern und Rechtsradikalen“ und verbreite „Gewaltaufrufe und Hetze“, so die beiden Politiker wörtlich (ZurZeit berichtete). Und auch für Österreichs Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) führte an einer strengeren staatlichen Kontrolle von Telegram „kein Weg vorbei“, wie er Ende Januar im Interview mit „Die Presse“ öffentlich erklärte.

Doch seitdem nun der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und auch andere offizielle und offiziöse Stellen der Ukraine Telegram zur Verbreitung ihrer Nachrichten an Volk und Welt nutzen, sieht die Sache plötzlich ganz anders aus. Kein Wort mehr über angebliche Hetze oder „Fake News“, der zuvor gescholtene Dienst ist nun quasi übernacht zur „Stimme der Freiheit“ mutiert.

Und in der Tat: Telegram, das auch in Russland zig Millionen sehr aktiver Nutzer hat und dort völlig unbeschränkt genutzt werden kann, ist eine der wenigen Quellen, die Russen einen freien Nachrichten- und Gedankenaustausch ermöglichen, egal ob glühender Putin-Verehrer oder oppositioneller Dissident. Sogar das umstrittene, rechtsradikale Asow-Regiment, das jetzt offiziell Bestandteil der ukrainischen Nationalgarde ist, darf dort seine Ansichten kundtun und seine, von SS- und Nazisymbolen abgeleiteten, Regimentsinsignien ungestraft präsentieren.

Denn Telegram hält sich strikt an seine Ideale von Meinungsfreiheit und Schutz der Privatsphäre, selbst wenn diese Meinungen der eigenen diametral zuwiderlaufen. Etwas, von dem sich unsere Politiker eine Scheibe abschneiden sollten.

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