Studenten-Demonstrationen verlaufen sich im Sand
Am 23. Juni versammeln sich viele Menschen, manche schätzen gar: eine Viertelmillion, auf dem Prager Letna-Platz, um gegen Regierungschef Babiš und seine angeblich korrupte Gebarung in seinem privaten Geschäftsimperium zu protestieren. Ähnlich wie in der Slowakei – dort geht nach Straßenkundgebungen anlässlich des Mordes am Aufdeckungsjournalisten Ján Kuciak und dessen Verlobter Martina Kušnírová Ministerpräsident Robert Fico in die Knie und tritt ab – glaubt die Bürgerinitiative Eine Million Augenblicke für die Demokratie den Ministerpräsidenten Babiš zum Rücktritt bewegen zu können.
Aus mehreren Gründen bleibt der Protest ohne Folgen. Erstens ist Babiš nicht bloß im Geschäftsleben, sondern auch in der Politik knallhart und weicht nicht so schnell zurück. Zudem ist er prinzipienfest und scheut kein offenes Wort. So hat er die Eignung des roten Holländers Frans Timmermans für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten ganz undiplomatisch schlichtweg verneint. Zweitens verfügt Babis im Prager Abgeordnetenhaus über eine stabile Mehrheit, denn sein sozialdemokratischer Koalitionspartner fürchtet Neuwahlen wie der Teufel das Weihwasser: Die bei der Parlamentswahl 2017 schwer geschlagene ČSSD, sie ist vom ersten auf den sechsten (!) Platz abgestürzt, hegt nämlich Zweifel, ob sie bei einem vorgezogenen Urnengang die Fünfprozent-Hürde überspringen kann. Außerdem steht Präsident Miloš Zeman felsenfest hinter Andrej Babiš.
Die Initiatoren des Protests sind ziemlich ausgelaugt. Die Demonstranten haben sich verlaufen – ähnlich wie in Wien, wo die „Fridays for future“-Gaudi seit Ferienbeginn schlagartig zu Ende ist. Ein bürgerlicher Demonstrant, Jiřri Hradecký mit Namen, sieht den Grund in der Bequemlichkeit der Tschechen: Sie sind anders als die Polen und die Ungarn: Statt für ihre Freiheit zu kämpfen, sitzen sie lieber in der Bar und trinken Bier.
[Autor: E. K.-L. Bild: Martin Strachoň / Wikimedia Commons Lizenz: CC BY-SA 4.0]