China und Japan. Zwei ergrauende Titanen

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Autor: G.B. Bild: Wikipedia/志涛 张 Lizenz: CC BY-SA 4.0


Im Fernen Osten kämpfen die beiden größten Volkswirtschaften mit der Überalterung

„Unsere Nation steht an einem Scheidepunkt, ob sie ihre gesellschaftlichen Funktionen aufrechterhalten kann. Wenn es um die Geburten- und Erziehungspolitik geht, heißt es jetzt oder nie – das ist ein Thema, das einfach nicht länger warten kann“, so der asiatische Staatenlenker. „Wir werden ein politisches System zur Steigerung der Geburtenrate einrichten“, erklärte der andere asiatische Staatenlenker. Laut dem Institut Yu Wa Population Research stehen diese beiden Männer Ländern vor, wo es neben Südkorea weltweit am teuersten ist, ein Kind großzuziehen. Beide Staaten standen kurz davor die USA als größte Volkswirtschaft der Erde abzulösen. Beide Staaten haben eine erstaunliche ökonomische Aufholjagd gegenüber dem Westen, von den ersten ungleichen Verträgen bis zum heutigen Tage, hinter sich gebracht. Diese Zeiten scheinen nunmehr vorbei.

Ersterer zitierter Staatenlenker ist der japanische Premierminister Fumio Kishida in einer Rede vor dem Kokkai des Tenno. Dem Parlament. Zweiterer ist der chinesische Präsident Xi Jinping in einer Ansprache vor dem Volkskongress der Kommunistischen Partei Chinas.

Beide Staaten haben, obwohl erbitterter Konkurrenz gegenwärtig wie epischer Schlachten einstmals, nunmehr einen gleichen Kampf auszufechten. Nämlich den gegen die Demographie.

Nippons Anzahl von Geburten ist letztes Jahr unter 800.000 gerutscht. Acht Jahre früher als von der Regierung berechnet. Das durchschnittliche Alter der japanischen Bevölkerung liegt mittlerweile bei 49 Jahren. Dies ist der Spitzenplatz nach Monaco.

Ähnliche Meldungen erreichen den Westen aus dem Reich der Mitte. Chinas Bevölkerung schrumpft erstmals seit der großen Hungersnot im Jahre 1961. Damals erschuf Maos „Großer Sprung“ nach vorne eine irdische Apokalypse. Ähnlich wie Stalins Kollektivierungsmaßnahmen in der Ukraine etwa dreißig Jahre zuvor.

Über sechzig Jahre später wurzeln die Ursachen ebenfalls in ideologischen Sozialexperimenten. Es begann mit der Ein-Kind-Politik Ende der Siebzigerjahre, welche 2016 aufgehoben wurde. Mittlerweile haben sich zwei Generationen daran gewöhnt und sind entsprechend sozial genormt. Dagegen helfen auch keine Aufrufe zur Reproduktion oder die Erlaubnis zu drei Kindern. Die jährlich geborenen Kinder des Drachen zählten 2022 9,56 Millionen. Dem standen 10,41 Millionen Sterbefälle gegenüber. Eine Schrumpfung der Gesamtbevölkerung um 850.000.

An der Universität Wisconsin forscht Yi Fuxian zur chinesischen Demographie und misstraut wie viele echte China-Experten den von Peking veröffentlichten Zahlen. Vermutlich schrumpft China bereits seit vier Jahren. Es sei jedoch eine Trendumkehr, dass Peking eine Schrumpfung zehn Jahre vor dem Zeitpunkt der offiziellen Prognosen zugibt. Doch im Hinblick auf die Bevölkerungszahlen ist der Trend laut Yi unumkehrbar.

Eine Million Yen erhält unterdessen eine Familie mit Kindern unter 18 Jahren im Großraum Tokio für eine Umsiedlung ins ländliche Hinterland. Dies sind umgerechnet 7.500 Euro. Eine Verdreifachung im Vergleich zu früher. Damit soll das 35 Millionen Ballungszentrum vom Druck entlastet werden und sterbenden Orten frisches Blut zukommen. Bis 2027 soll die „Umsiedlungsprämie“ 10.000 Familien überzeugen, ihr Glück am Land zu suchen. Freilich darf hiervon keine Lösung erwartet werden. Lediglich Linderung. Insgesamt sollen die Geldprämien wie soziale Leistungen verdoppelt werden. Koordinieren soll diese Maßnahmen eine neu zu schaffende Behörde für Kinder und Familien.

Auch China investiert in höhere Sozialleistungen für Kinder wie Verbesserungen bei Mutter- und Elternzeit. Angesichts einer drohenden sozialen Krise in einem Land, dessen Strukturen der Wohlfahrt Japans Mitteln pro Kopf weit hinterherhinken.

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