Der jüngere Lieblingssohn will wieder zum Burgfest. Gut gut. Die gleiche Anreise wie letztes Jahr. Der gleiche Eintrittspreis wie letztes Jahr. Zumindest hier keine Teuerung. Die gleichen Stände wie letztes Jahr. Die gleichen Schausteller wie letztes Jahr. Die gleichen Waffenreplikationen wie letztes Jahr. Die gleiche Burg wie letztes Jahr. Die gleichen nicht ganz korrekten Rüstungen, historische Kostüme, Haartrachten etc. „Der Herr der Ringe“, „Game of Thrones“ etc. haben ihre Spuren in der Phantasie sowie der Kreativität der „Reenactors“ hinterlassen. Die gleiche Bogenschussanlage wie letztes Jahr. Der Betreiber erklärt, dass die Bögen der Engländer bei der Schlacht von Crecy eine ungemein höhere Zugkraft besaßen. Nämlich 100 Pfund. Hier wird mit 20 Pfund gearbeitet. Interessant. Zumal der anglophile Papa vor dem geistigen Auge die Bilder von 12.000 Engländern wiedererstehen lässt, die mit Hilfe des berühmten englischen Langbogens ein Ritterheer von 25.000 Franzosen vernichteten.
Der gleiche Schweinsbraten wie letztes Jahr. Frisch geschlachtet und zubereitet natürlich. Mit dem gleichen Appetit vom jüngeren Sohnemann verzehrt. So. Alles gegessen. Alles gesehen. Alles gekauft. Sohnemann verkleidet sich zu Fasching gerne als sein Namenspatron. St. Georg. Drachentöter und Nationalheiliger Englands. Nun wurde das Plastikschwert durch ein Holzschwert ersetzt. Da soll noch einer behaupten Papa nimmt keine Rücksicht auf die Umwelt…
Es beginnt zu regnen. Es wird langweilig. Es ist im Großen und Ganzen wie im letzten Jahr. Sohnemann will nach Hause. Papa sagt: Warten wir noch auf den Buhurt.
Gut gut. Letztes Jahr handelte es sich hierbei um Zweikämpfe zwischen Ritterdarstellern. Wer nach einer gewissen Zeit mehr Treffer eingesteckt hat, hatte verloren. Es gab vergleichbar zu einem Fußballturnier eine Vorrunde, eine KO-Phase und ein Finale.
Diesmal war der Buhurt um ein Vielfaches spektakulärer. Vier gegen Vier. Wer zu Boden geht, ist aus dem Spiel. Wenn zwei gegen einen stehen, wird fortgesetzt. Wenn drei gegen einen stehen, wird abgebrochen. Hauen, Stechen, Treten, alles erlaubt. Das Sichtfeld ist massiv eingeschränkt. Das Hörvermögen durch Helm sowie Hintergrundmusik aus modernen Historienfilmen kaum vorhanden.
Der Regen nimmt zu. Noch vor kurzem wollte Sohnemann nach Hause. Auf die Frage, ob man nicht besser fahren sollte, erfolgte prompt die Antwort: Nein. Wir bleiben!
Ein zweistündiges Scheingefecht mit zwei Sanitätseinsätzen, beide vergleichbar mit Verletzungen aus den üblichen Kontaktsportarten, ließ Wetter, Sturm und Graus vergessen.
Wer nun in Versuchung ist mit Steinen zu werfen, in Anspielung auf antike Gladiatorenspiele, möge sich ein Rugbyspiel anschauen. Oder was alles passieren kann, wenn sich die Skifahrer mit über 100 Stundenkilometern den Hang hinabstürzen. Oder Rennfahrer zusammen- oder gegen die Bande krachen…
Außerdem: Den Kindern hats gefallen.
[Autor: G.B. Bild: www.wikipedia.org Lizenz: –]