Indien: Abendrot für die Kongress-Partei

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Autor: E.K.-L. Bild: Wikipedia/Soman Lizenz: GNU Free Documentation License


Über den Niedergang der einst führenden politischen Kraft des Landes

Seit dem legendären Staatsmann Mahatma Gandhi war die 1885 in Bombay von Hindus und Mohammedanern gegründete Kongress-Partei (offiziell: Indischer Nationalkongress; INC) die tonangebende Kraft auf dem indischen Subkontinent, sie erkämpfte die Unabhängigkeit Indiens, das bis 1947 nominell ein Kaiserreich mit dem Monarchen in London an der Spitze war. Ein Teil der Partei unter dem früheren Vorsitzenden Subhash Chandra Bose stellte sich während des Zweiten Weltkriegs auf die Seite der Achsenmächte, um so die Engländer loszuwerden; wie bekannt, scheiterte das Unternehmen trotz Bildung einer mit japanischer und deutscher Hilfe aufgebauten Befreiungsarmee.

Nach dem gewaltsamen Ende Mahatma Gandhis im Jahr 1948 durch die Hand eines Aktivisten der RSS (Nationale Freiwilligenorganisation) führten sein Nachfolger Jawaharlal Nehru und später dessen Tochter Indira Gandhi (mit Mahatma Gandhi weder verwandt noch verschwägert) die Partei und somit das Land. Von 1947 bis zum Jahr 1977 stellte die Kongresspartei ununterbrochen alle Premierminister und Staatspräsidenten Indiens und dominierte nicht nur die Politik der indischen Bundesregierung, sondern auch die der meisten Bundesstaaten.

Dann begann der Abstieg der Kongress-Partei (im folgenden Text kurz Kongress). Die Janata Party (Volkspartei; heute Bharatiya Janata Party; BJP; Indische Volkspartei) kommt 1977 an die Regierung und stellt – mit relativ kurzen Unterbrechungen – bis heute den Premierminister. Die BJP gilt als politischer Arm der oben erwähnten RSS und als rechtskonservative Formation, die eine Vorherrschaft der Hindu-Mehrheit in Indien anstrebt. Parteifarbe der BJP ist das Safran-Orange, das als Farbe des Hinduismus gilt. Seit der letzten Parlamentswahl im Jahre 2019 hat sie 303 der 545 Mandate in der Abgeordnetenkammer (Lok Sabha) in Neu-Delhi inne, der Kongress hingegen bloß 52. Wobei das in Indien geltende Mehrheitswahlrecht die größte Partei unverhältnismäßig bevorzugt.

Die im Februar und März dieses Jahres abgeführten Wahlen in fünf indischen Bundesstaaten zeigen: Die BJP unter Ministerpräsident Narendra Modi (71; auch er ein Mitglied der erwähnten RSS) kann ihre vorherrschende Stellung in der Parteienlandschaft weiter festigen, der Kongress verkommt zunehmend zu einer Randerscheinung. In vier der fünf Bundesstaaten, nämlich in Uttar Pradesh, Manipur, Uttarakhand sowie Goa (bis 1961 eine portugiesische Kolonie und später als Wallfahrtsort für Hippies bekannt) feiert die BJP einen Sieg.

In Manipur gewinnt die BJP 32, der Kongress magere 5 von insgesamt 60 Sitzen, in Uttarakhand: BJP 47, Kongress 11 Sitze. Im traditionell vom Kongress regierten Bundesstaat Punjab verliert er 59 Sitze und hält nun bei 18 Mandaten. Die BJP spielt dort keine Rolle. Großer Gewinner ist die im Bundesparlament überhaupt nicht vertretene neue AAP (Common Man Party) mit 92 Sitzen.

Vor allem der größte Bundesstaat Uttar Pradesh mit seinen 240 Millionen Einwohnern (!) fällt da beim Konkurrenzkampf zwischen BJP und Kongress ins Gewicht. Hier regiert als Chefminister Yogi Adityanath (49), der auf Bundesebene als Nachfolger Modis feststeht. Sein Feindbild sind die Mohammedaner. Adityanath muss zwar Mandate an die oppositionelle Samajwadi Party (SP; Sozialistische Partei; nun 111 Sitz; 64 mehr als bisher) abgeben, verfügt aber noch über 255 (bisher 312) von insgesamt 403 Mandaten im Provinzparlament. Und der Kongress? Er verliert fünf Sitze und ist  nun mit bescheidenen zwei Abgeordneten vertreten.

Die BJP, die ihren Schwerpunkt im Norden Indiens hat, kann aber auch im Süden ihre Vorherrschaft ausbauen. In Goa erhält die BJP im Februar 20 (plus 7) von 40 Sitzen im Provinzparlament; der Kongress stürzt von 17 auf elf Mandate ab.

Derzeit regiert der Kongress noch in fünf von 28 Bundesstaaten. Bei der nächsten landesweiten Parlamentswahl 2024 wird die einst so stolze staatstragende Partei wahrscheinlich auch ihre führende Rolle innerhalb der Opposition verlustig gehen.

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