Slowakei: Ein missratenes Kurz-Vorbild

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Turbulenzen im Zusammenhang mit Massentests

Das Staatsoberhaupt rät dem Regierungschef, die Bekämpfung der Pandemie an ein anderes Kabinettsmitglied zu übergeben, da die bisherigen epidemiologischen Schritte sehr chaotisch seien.

Wir sprechen hier nicht von Österreich, obwohl auch hier die Ablöse des Seuchenministers ein positiver Schritt hin zur Bewältigung der Krise wäre. Nein, die Rede ist von unserem kleinen östlichen Nachbarn, von der Slowakei. Die gab in den letzten Wochen ein derart überzeugendes Vorbild ab, dass sich Kanzler Sebastian Kurz im Alleingang für eine flächendeckende Massentestung auch hierzulande entschied. Wie man inzwischen weiß, mit bescheidener Teilnahme der Bevölkerung. Wobei sich gewisse Bevölkerungsschichten nur in sehr geringem Umfang zu einem Test entschließen. So meldet die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) am Mittwoch, dem 9. Dezember, „Junge und Menschen mit Migrationshintergrund seien kaum an den Teststationen aufgetaucht, erklärte der Coronavirus-Beauftragte des Landes Vorarlberg, Roland Gozzi“.

Die Slowakei wiederum ist Schauplatz eines Duells zwischen der Staatspräsidentin Zuzana Čaputová samt einem Teil der Regierungskoalition sowie oppositionellen Kräften einerseits und Premier Igor Matovič auf der anderen Seite. Während der Regierungschef für einen zweiten umfassenden Test der Bürger eine verpflichtende Regelung will (sonst wäre die Beteiligung zu gering), setzen Čaputová und einige politische Kräfte (darunter die roten Altpolitiker Robert Fico und Peter Pellegrini) auf  Freiwilligkeit. Matovič wiederum sieht nur die Alternative: entweder verpflichtende Tests oder Lockdown. Präsidentin Čaputová  fordert einen klaren Plan der Regierung, vermisst rationale, objektive und wissenschaftliche Maßnahmen. Als Beispiel nannte sie verwirrende Maßnahmen zur Wiedereröffnung von Schulen – letzteres kommt uns Österreichern nur allzu bekannt vor.

Nach der Ministerratssitzung am Montag (7. Dezember) in Preßburg bekräftigte Matovič seine Absicht, sich in den nächsten Tagen mit Čaputová zu treffen und sie zu überzeugen, sich für einen verpflichtenden nationalen Test einzusetzen. Er verteidigte auch seine Behauptung, dass jeder, der landesweite Tests ablehne, für die Einführung eines Lockdowns plädiere.

Nach allgemeiner Sicht scheint Matovič bereits ziemlich angeschlagen zu sein. Nach eigenen Angaben fühle er sich wie ein geprügelter Hund, die Medien seien hasserfüllt und voreingenommen gegenüber der Regierung, ein Teil seiner Koalitionspartner arbeite gegen ihn.

Matovič wörtlich: „Die Leute denken, ich bin der schlimmste Hund, der sie verletzen will, obwohl ich nur möchte, dass sie diese Epidemie so reibungslos wie möglich überstehen.“ Und als Signal an die Staatschefin: „Es kann hier keine Doppelregierung geben. Die Regierung trifft die Entscheidungen …“

Und am Abend des Mittwochs (9. Dezember) setzt Matovič zum Befreiungsschlag an: Ab 21. Dezember bleiben die Schulen und alle Geschäfte geschlossen. Ausnahmen gelten bloß für die Grundversorgung. Bereits ab 11. Dezember wird die Gastronomie weiter eingeschränkt, es ist nur mehr der Verkauf von Speisen über die Gasse erlaubt. In die Hotels und auf die Skipisten der Tatra darf man nur mehr mit einem nicht mehr als drei Tage alten Nachweis, dass man Corona-negativ ist.

[Autor: E.K.-L. Bild: Wikipedia/Photo Claude TRUONG-NGOC Lizenz: CC BY-SA 4.0]

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