Wohin mit dem Wahlsieg?

by admin2

Die Kurz-ÖVP hat möglicherweise einen Phyrrussieg erzielt

Sebastian Kurz am Wahlabend. Angeblich selbst überwältigt von dem furiosen Wahlsieg, den seine Partei eingefahren hat, laut eigener Aussage hätte er, Kurz, sich das nicht einmal in seinen kühnsten Träumen vorstellen können. Perfekt inszeniert, ohne Zweifel, Bescheidenheit signalisieren, obwohl ja genau so ein Ergebnis bei der Aufkündigung der Türkis-blauen Koalition im Mai das Kalkül war. Frei nach dem Schüssel-Drehbuch aus dem Jahr 2002, beim kleineren Koalitionspartner abräumen, die eigene Macht ausbauen und dann gestärkt regieren.

Auch damals wurde dann mit den Grünen verhandelt, die gestärkt in das Parlament kamen, und landete schließlich doch bei der völlig geschwächten FPÖ, die diese Beteiligung damals mit der größten Parteikrise ihrer Geschichte bezahlte, Abspaltung und Neugründung inklusive.

Zurück im Herbst 2019: Kurz Kalkül ist auf den ersten Blick aufgegangen, bei näherer Betrachtung gibt es aber den einen oder anderen Haken im türkisen Plandenken. Zunächst das Ergebnis: Statt den Juniorpartner am Leben zu lassen, konnte man nicht widerstehen, und nutzte dessen Schwäche brutal aus. Nach dem Rücktritt von Strache hätte man weitermachen sollen. Denn nun verhält es sich so, dass die bürgerliche Mehrheit im Land ohne Not rund vier Prozentpunkte verloren hat, und die Linken, konkret die Grünen entsprechend profitieren konnten.

Zum anderen hat die FPÖ zwar einen bitteren Verlust hingenommen, von der Schwäche des Jahres 2002 ist sie aber weit entfernt. Und so kommt nicht ganz zufällig seitens der Freiheitlichen die Absage an eine Regierungsbeteiligung, im Wissen darum, was 2002 geschah.

Kurz muss es also mit Rot oder Grün versuchen, was jedoch ein Abrücken vom bisherigen inhaltlichen Weg bedeuten würde. Außerdem wären diese Varianten de facto Betrug am eigenen Wähler, die beiden potentiellen Partner hätten intern auch ihrer liebe Not, stabil zu bleiben. Ein hohes Risiko für dem türkisen Frontmann, der sich nach 2017 und 2019 kein weitere vorzeitiges Scheitern seiner Regiergung erlauben darf. Und so wird auch Sebastian Kurz manchmal daran zweifeln, ob seine Entscheidung im Mai 2017 die richtige wahr.

[Autor: W.M. Bild: www.wikipedia.org/Kremlin.ru Lizenz: CC BY 4.0]

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