E-Auto laden immer teurer – Strompreisbremse wirkt nicht

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Autor: U.K. Bilder: A. Krebs auf Pixabay Lizenz: –


Energiekosten je 100 Fahrkilometer inzwischen deutlich teurer als bei Dieselautos

Während die Kraftstoffpreise in Österreich seit ihren Höchstständen im letzten Jahr um fast ein Viertel gesunken sind, gilt bei den Strompreisen an der E-Auto Ladesäule exakt der umgekehrte Trend: Aufwärts, weiter Aufwärts! Damit werden batterieelektrische Fahrzeuge (BEVs, “Battery Electric Vehicles”), also die reinen “Stromer”, die die grüne Verkehrswende bewirken sollen, nicht nur vom Anschaffungspreis, sondern auch von den Verbrauchskosten jetzt deutlich teuerer als vergleichbare Autos mit klassischem Verbrennungsmotor.

Grund dafür ist nicht nur der in Mitteleuropa durch die Decke geschossene Strompreis, sondern auch ein schwer durchschaubares Dickicht aus Ladepreisen, Abrechnungssystemen und wohl auch Profitgier der diversen Ladesäulenbetreiber. Denn anders als bei herkömmlichen Tankstellen ist bei den Ladesäulen nicht in meterhohen Lettern schon von weitem erkennbar, was denn nun die Kilowattstunde Betriebssaft kosten würde. Das erfährt man bestenfalls erst, wenn man bereits an der Ladebox steht und sich mit dem Smartphone in das System des Säulenanbieters einloggt hat. Und in vielen Fällen nicht einmal dann. Denn zahlreiche große Stromanbieter, wie z.B. die Wien Energie, die Energie AG Oberösterreich und viele Stationen des Anbieters SMATRICS, ein Tochterunternehmen der Verbund AG Österreich und der deutschen EnBW (Energie Baden-Württemberg), verrechnen nicht die Kilowattstunden, sondern die Minuten, während derer das Auto an der Säule angesteckt war.

Man stelle sich das vor: An der Tanke beginnt das Zählwerk zu laufen, in dem Moment, wo man die Zapfpistole aus der Halterung genommen hat. Dabei kann der Kunde gar nicht beeinflussen, wie viel Energie denn nun pro Minute in die Batterie geflossen ist. Das hängt zum einen von Umgebungstemperatur und Ladezustand ab und wird eigenmächtig von der Ladeelektronik des Fahrzeugs geregelt. Denn bei mehr als 80% Batteriefüllung muss der Ladestrom reduziert werden, um eine Beschädigung des teuren Akku-Packs zu vermeiden. Zum anderen aber auch, speziell an den sogenannten Schnellladern, ob an den benachbarten Säulen andere stromhungrige Karossen auf frische Elektronen warten. Denn dann teilt die Säulensteuerung die über den “Backbone”, die dicken Starkstromkabel, welche die Verbindung zum allgemeinen Stromnetz darstellen, verfügbare Energiemenge anteilig auf die Ladepunkte auf. Da bleibt dann oft von der nominellen Maximalleistung nur noch ein Bruchteil übrig – ein Efffekt, der jedem Familienvater vertraut ist, der sich seinen Internet-Anschluss mit streamfreudigem Nachwuchs und deren Laptops und Smartphones teilen muss.

Zudem kann man auf Reisen nicht einfach zur nächstbesten freien Zapfsäule fahren, wie man es bisher selbstverständlich gewohnt war. Hier hat sich ein Wirrwarr von Vertragssystem und Abrechnungskarten etabliert, deren Nutzung ausserhalb des eigenen Versorgungsbereichs entweder gar nicht oder nur mit saftigen Zuschlägen (die heissen tatsächlich “Roaming”, wie beim Mobilfunk) möglich ist. Ohne Anmeldung per Smartphone, Registrierung und Hinterlegung der Kreditkartendaten funktioniert da meist gar nichts. Für die Anmeldung ist z.B. bei Energie AG Oberösterreich eine “Kartenausgabegebühr” von 19,90 Euro fällig. Dazu kommt dann noch ein fixer Grundpreis von 39,90 €/Jahr, egal ob man Strom tankt oder nicht. Beim “Charge Pro” Tarif von SMATRICS muss man sogar 118,80 € Fixgebühr jährlich berappen, und zwar auch für den eventuellen Zweitwagen. Würden herkömmliche Tankstellen eine dreistellige “Mitgliedsgebühr” verlangen, damit man überhaupt auf den Hof fahren darf – wir würden dem Tankwart zurecht den Vogel zeigen.

Für den Strom selber zahlt man bei uns an den DC-Schnellladesäulen (mit AC laden nur noch Leute, die seeeehr viel Zeit haben…) im Schnitt um die 65 bis 70 Cent/kWh bei Mengenabrechnung, oder zwischen 90 Cent und 1,18 Euro/Minute Steckerzeit, wobei dort die tatsächliche bezogene Energiemenge unbestimmt ist. Dauert der Ladevorgang länger als 1 Stunde an der Säule, kann noch ein “Belegungsentgelt” von 10 bis 24 Cent/Minute Standzeit fällig werden. Da wird die vielbeschworene “Kaffeepause” während des Ladestopps schnell zum teuren Vergnügen. Muss man sogar Roaming nutzen, weil man z.B. entfernt der Heimat unterwegs ist, sind zu den genannten Preisen noch 15 bis 20% Aufschlag zu kalkulieren.

Kritiker vermuten, dass diese Kostenintransparenz von den Stromanbietern sehr wohl gewollt ist. Denn mit diesem verkomplizierten System verhindert man, dass der Autofahrer einfach bei der aktuell günstigsten Tankstelle nachfüllt und somit ein Wettbewerb unter den Säulenbetreibern stattfindet – zum Nachteile des Verbrauchers. Und wo Preistransparenz und Austauschbarkeit des Lieferanten nicht gegeben sind, gedeiht der Profit im Stillen wunderbar.

In Österreich ist der Preis für den Liter Diesel mittlerweile flächendeckend auf unter 1,60 Euro gefallen. Eine Preisentwicklung, die – mit gewisser Verzögerung – dem Rückgang der Weltmarktpreise für Rohöl gefolgt ist. Bei Strom, wo die Preise an der Europäischen Strombörse EEX noch stärker gesunken sind als die am Ölmarkt, ist von Rückgang jedoch wenig zu spüren. Für eine batterieelektrische Mittelklasse-Limousine neuster Bauart ist in der Realität ein Stromverbrauch von etwa 20 kWh je 100 km anzusetzen, vorausgesetzt, man will nicht zu oft den “Beschleunigungskick” des E-Motors auskosten. Das würde für die Fahrt von Salzburg nach Wien, rund 300 km, circa 60 kWh Strombedarf bedeuten, nach obiger Kostenaufstellung etwa 40 Euro nur für die Basisenergie. Allfällige Roamingzuschläge oder Standgebühren kommen da noch obendrauf. Mit einem vergleichbaren Dieselauto liegt man klar unter 6 Litern Kraftstoff/100 km, macht also weniger als 28 Euro je Strecke. Ein Preisvorteil von rund einem Drittel, und ich muss auch keinen Strafzuschlag zahlen, wenn statt bei meiner Turmöl-Stammtankstelle in Wien bei OMV den Sprit nachfülle. Von der Zeitersparnis dabei ganz zu schweigen, wobei ich beim Diesel die Strecke lässig mit einer Tankladung hin und zurück schaffe. Etwas, das kein bezahlbarer BEV-PkW derzeit auch nur annähernd erreicht.

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