Flüchtlinge aus der Ukraine: Gemma Unglück schaun!

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Autor: E.K.-L. Bild:  Raimond Spekking/ CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)


Über den Zynismus unserer „Haltungsjournalisten“

Guten Abend, meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie zu unserer Nachrichtensendung. Der Krieg in der Ukraine geht unvermindert weiter. Viele Tausend Menschen – Frauen mit Kindern, ältere Menschen, oft krank  – versuchen, ihr nacktes Leben zu retten und flüchten über die polnische Grenze gen Westen. Um diese Unglücklichen nicht auch noch ihrer Würde als menschliche Wesen zu berauben, verzichten wir auf diesbezügliche Filmberichte.

Hören wir so etwas in den unzähligen Berichten auf den Kanälen der Fernsehanstalten? Nein. Aber es wäre schön und würde von Anstand und Respekt zeugen.

Im Gegenteil. Reporter, die den Zuschauern von den Kampfhandlungen berichten sollten, halten sich – trotz vermutlich fetter „Gefahrenzulage“ – beileibe nicht in Frontnähe auf (rühmliche Ausnahme: Christian Wehrschütz), sondern meist in einer weit von den Gefechten entfernt liegenden westukrainischen Stadt, um von dort dem Publikum Eindrücke der Atmosphäre zu schildern. In guter Erinnerung ist das schreckensbleiche Antlitz eines dieser Regime-Reporter, als er davon spricht, eine Rakete sei in unmittelbarer Nähe eingeschlagen – in Wahrheit sind es 30 km.

Ganz in ihrem Element sind die Kriegsberichterstatter des Gutmenschentums auf Bahnhöfen, wo Flüchtlinge ankommen. Motto: Gemma Unglück schaun! Wie die üblichen Gaffer und Ungustln, die sich bei Katastrophen am Leid ihrer Mitmenschen weiden, drängen sich Kamerateams mit Objekt und Mikrophon ganz nah an die Unglücklichen heran, zoomen, damit man ja alles sehen kann. Von Respekt, von Empathie keine Spur. Hinter dem geheuchelten Mitgefühl verbirgt sich die nackte Sensationsgier unserer Gutmenschen.

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