Martin Mosebach widerspricht dem Kirchenoberhaupt

by admin2

Autor: E.K.-L. Bild: Wikipedia/Henning Schlottmann (User:H-stt) Lizenz: CC BY-SA 4.0


Thema sind die Ursachen von pädophilen Übergriffen durch katholische Geistliche

Der angesehene katholische Intellektuelle und Schriftsteller Martin Mosebach widerspricht in einem ganzseitigen Beitrag in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom Donnerstag, dem 10. Februar, der wiederholt geäußerten Auffassung von Papst Franziskus, die Fälle sexuellen Missbrauchs  an – weit überwiegend! – Knaben durch Priester sei auf einen gewissen Klerikalismus zurückzuführen. Mit diesem Begriff umschreibt das Kirchenoberhaupt jene Geistliche, die sich für etwas Besseres halten und deswegen keine Grenze in ihrem sündhaften Tun kennen. Jenes spezifische Machtgefälle führe zu Lustgewinn, verlogener Intimität und Demütigung des anderen. Vereinfacht ausgedrückt: Franziskus will, dass Priester und Laie einander auf Augenhöhe begegnen.

Dabei verkennt der Heilige Vater einen ganz entscheidenden Umstand: Ein Geistlicher der Katholischen Kirche hat das Sakrament der Priesterweihe empfangen. Durch solch eine ordinatio erhält der Geweihte die Vollmacht, im Namen Christi für die Kirche zu handeln. Er wird dadurch zum Mittler zwischen Gott und dem Menschen. Allein schon durch diese Aufgabe ist eine Egalität im Sinne der Meinung des jetzigen Kirchenoberhauptes geradezu ausgeschlossen.

Mosebach hingegen bringt im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen eine durchaus plausible Sicht der Dinge ins Spiel. Seit dem Zweiten Vatikanum mit seinen Veränderungen (Aggiornamento als  Anbiederung an den Zeitgeist: der zelebrierende Priester wendet bei der Hl. Messe Gott den Rücken zu, steht hinter einer Art Theke, die als Volksaltar fungiert; Gottesdienst in der jeweiligen Volkssprache; Handkommunion als eine Art Selbstbedienungsvariante der traditionellen Mundkommunion; Aufkommen sogenannter Jazzmessen), durch diese Veränderungen also komme es zu einer stets größer werdenden Disziplinlosigkeit im Klerus. Für Mosebach ist die Vermutung, pädophile Verbrechen seien eine Folge des Klerikalismus, geradezu grotesk.

Der deutsche Schriftsteller sieht einen Zusammenhang zwischen den Missbrauchsskandalen und innerkirchlichen Entwicklungen nach dem Konzil durch eine Aushöhlung des katholischen Priestertums. Mosebach konstatiert: Wenn nicht alles täuscht, ist ein hoher Anteil der Missbrauchsfälle aber gerade in den auf das Konzil folgenden Jahrzehnten zu verzeichnen. 

Es seien, so Mosebach, eine Reihe von Neuerungen auf, die den Priester der Kirche und damit seiner eigentlichen Berufung entfremden. Die Aushebelung jeder Autorität und die sexuelle Revolution treffen eine Priesterschaft, der alle Elemente zur Wahrung ihrer Disziplin genommen worden sind. Zu diesen Elementen zählt Mosebach Soutane und Priesterkragen, die verschwanden, das Wegfallen der Verpflichtung, täglich die Heilige Messe zu zelebrieren. Gerade diese tägliche Übung bietet, verbunden mit der Pflicht zur häufigen Beichte, einen besonderen disziplinierenden Halt. Der Schriftsteller und traditionsbewusste Katholik Martin Mosebach stellt weiter fest, dass die Vorstellung einer Sakralität des Priesteramtes – anders formuliert: die Sonderstellung als Mittler zwischen Gott und dem Gläubigen durch das Sakrament der Priesterweihe – nicht bloß stillschweigend verneint, sondern sogar geächtet worden sei. Und dadurch sei vielen Priestern wichtige Hilfestellungen weggenommen worden, die ihnen helfen, ihren Gelübden treu zu bleiben.

Laut Mosebach könne auch ein in der klassischen Tradition stehender Priester Sexualdelikte begehen, freilich falle es einem in die traditionelle Disziplin eingebundenen Priester leichter, seiner Versuchungen Herr zu werden.

Die ernüchternde Diagnose Mosebachs: Dem Papst und vielen Bischöfen, vor allem deutschen, falle  hingegen nichts anderes ein, als dass man im radikalen Abbau der Eigenheiten der Katholischen Kirche eben immer noch nicht weit genug gegangen sei. Der von Franziskus geforderte synodale Prozess – eine Art Basisdemokratie innerhalb der Katholischen Kirche unter Einbeziehung der Laien anstelle der bisher praktizierten Beratung im Kreise der Bischöfe als Nachfolger der Apostel – wird sich als Irrweg herausstellen.

Das könnte Sie auch interessieren