Sittenbild einer schwarz gefärbten Kärntner Gemeinde

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Gedanken zur Seebodener Politik

  1. Seeboden heute ähnelt in Vielem der Wiener Politik der 90er Jahre. Helmut Zilk war als Bürgermeister das zugängliche, oft angeheiterte Aushängeschild. Sein Vize Hans Mayr zog im Hintergrund in der Magistratsverwaltung und der roten Wiener Holding bei den Finanzen und in der Freunderlwirtschaft die Strippen. Heute scheint es mit Bürgermeister Klinar im Vordergrund und seinem Vize Trebelnig mit den Immobilienfirmen seiner Familie dahinter im schwarz gefärbten Seeboden fast ähnlich zu sein. Doch absolute Mehrheiten und politische Intransparenz haben damals weder Wien noch heute Seeboden gut getan. Macht korrumpiert, und absolute Macht korrumpiert absolut. Sie braucht dringend Kontrolle.
  2. Man wundert sich über die Gemeindeentwicklung der letzten Jahre. Es gibt jede Menge wortreicher, wohlklingender, von teuren ortsfremden Konsulenten angefertigter Pläne zur Revitalisierung des Ortskerns, der Strandpromenade, des Zugangs zum See und zur Tourismusförderung. Doch tatsächlich passiert das Gegenteil. Die Hauptstraße verödet durch Geschäftsschließungen und Abrisse weiter. Auf den Hauptplatz verirrt sich nur, wer zum Arzt, zur Poststelle, zum Gemeindeamt oder zur Polizei muss. Wie wäre es zum Beispiel, die tote leere Fläche neben dem freitäglichen Wochenmarkt durch einen dauerhaften Kastanien-bestandenen Biergarten zu beleben?

Das einst lebendige Nachtleben ist dank behördlicher Sperrstunden und des folgenden Gaststättensterbens buchstäblich tote Hose, von den Dramen der Strandbäder ganz zu schweigen.

So zeichnet sich die Hauptstraße als Hauptattraktion durch die vier kastenförmigen Supermärkte und einen Drogeriemarkt mit jeweils riesigen Parkplätzen aus. Doch wer einige Nägel, ein Brett oder einen Topf Farbe kaufen will, der muss in die Baumärkte von Spittal fahren und erledigt dort auch seine Großeinkäufe. Die Kaufkraft fließt so ab. Der einheimische Einzelhandel stirbt.

Auf das Wohlergehen der Ortsteile (und ihre Anbindung an Glasfasernetze zum Beispiel) außerhalb des Zentrums entlang der Hauptstraße wird ohnehin vergessen, außer der Bürgermeister beehrt einmal das örtliche Feuerwehrfest.

  1. Der reale Entwicklung Seebodens ist nicht die einer regional möglichst stark verwurzelten Gemeinde, die den einheimischen Handel, das Gewerbe, die Bauern und den Fremdenverkehr fördert, wie es der Bürgermeister alle zwei Monate sehr schön und wortreich in „Aktuelles Seeboden“ verkündet, sondern die einer Pendlergemeinde für Spittal und Villach. Doch was passiert, wenn Haselsteiner die Verwaltung von Strabag als größtem Betrieb (und die von ihm gesponserte Fachhochschule) in Spittal nicht mehr halten kann oder will? Dann bleiben nur noch Zweitwohnsitze, die mit ihrer Schuhkartonarchitektur das Ortsbild zunehmend und unumkehrbar verschandeln und für die es Baugenehmigungen der Gemeinde ohne Ende gibt. Die Masche der Immobilienentwickler ist einfach: Billig bauen, nebst „car ports“, alles zu asphaltieren, zu kiesen, ein paar Blumentöpfe und Thujas zur Behübschung, die Gemeinde die Zufahrtsstraße bezahlen lassen und teuer verkaufen. Dass die Wohnungen zehn Monate im Jahr leer stehen und die Landschaft verschandeln, stört sie nicht. Doch langfristig ist ihre ständig wachsende Zahl eine Katastrophe. Wer diese unwirtlichen Kästen als Tourist sehen will, der kann sie auch bei sich zuhause in Castrop-Rauxel oder Wanne-Eickel bewundern. Der braucht nicht mehr nach Seeboden zu fahren, wo der wunderschöne Kärntner Baustil außerhalb der alten Ortsteile Seltenheitswert bekommen hat. Wann können diese Sündenfälle je wieder korrigiert werden? In Hinkunft sollte es Baugenehmigungen nur noch für Häuser geben, die über anständige Walmdächer und traditionelle Holzfassaden verfügen, um das Ortsbild wenigstens teilweise wiederherzustellen.
  2. Der Widerspruch zwischen großspurigen „nachhaltigen“ und ökologischen Ankündigungen und vollmundigen Konzepten und der Realität der schwarzen Mehrheitspolitik ist auch sonst frappierend. Einige Beispiele:
    • Die ganze Gemeinde solle durchgängig von Blüten und Bäumen ergrünen, verkündete das neue, teuer erstellte Tourismuskonzept. Sehr schön. Doch tatsächlich erschöpft sich die öffentliche Begrünung auf Verkehrsinseln und einige Randstreifen. Ansonsten überlässt man das Grün den privaten Vorgärten und Balkons. Tatsächlich aber regieren die Kettensäge und König Asphalt vom neuen Feuerwehrhaus bis zur Strandpromenade. Und zu allem Überfluss ließ Vize Trebelnig in einer Nacht- und Nebelaktion die völlig gesunde Trefflinger Dorflinde fällen. Angeblich sei Gefahr im Verzug gewesen. Klinar versucht nun mit vagen Plänen zu einer netten Dorfplatzgestaltung die Wogen zu glätten und den von seinem Parteifreund angerichteten Schaden nachträglich zu begrenzen.
    • Der öffentliche Verkehr soll gefördert werden. Sehr schön. Doch leider beschränkt sich der Busverkehr seit Jahren auf die Schulbesuchszeiten und fällt in den Schulferien vollends aus. Er ist für Berufstätige, Studenten, für Touristen oder für Besorgungen völlig nutzlos. Als Ergebnis muss sich jede Familie mindestens zwei PKWs halten. Bei der Volljährigkeit der Kinder sind weitere fällig. Soviel zu den Ökologie- und Energiesparsprüchen der Gemeindeleitung.
    • Ein großer „Bildungscampus“ soll entstehen, bestehend aus Kindergarten und Volksschule. Sehr schön, nur gibt es die schon lange. Daneben gibt es noch die Gemeindebücherei: Ein Kämmerchen mit unmöglichen Öffnungszeiten, das nur Unterhaltungsliteratur enthält. Sachbücher oder Werke zur Kärntner Geschichte sucht man vergeblich. Fast jeder häusliche Bücherschrank enthält bessere und nützlichere Literatur. Ohne viel Aufwand könnte man die Bestände vervielfachen und durch bessere Öffnungszeiten – auch durch freiwillige Helfer – auch für Berufstätige zugänglich machen.
    • Interessant ist, dass im Zuge der zweiten Corona-Krise alle Gemeindeinstitutionen für den Publikumsverkehr schlossen, außer den übrigens immer vorbildlich sauberen Toiletten am Kulturhaus. Offensichtlich die wichtigste Priorität der Gemeindepolitik.
  1. Wenn es eine Spezialität der aktuellen Gemeindemehrheit gibt, dann ist die sich mit fremden Federn zu schmücken. Angefangen mit Schloß Sommeregg, dem Bonsai Museum, über die ebenfalls beachtlichen Leistungen der örtlichen Gärtnereien, der Gastronomie bis zur Hotellerie, die oft vom feinsten ist und der Herstellung lokaler Feinschmeckerkost. Alles ist erfreulich, sehr schön und gut, nur hat die Gemeinde bei jenen vorbildlichen privaten Leistungen nicht den geringsten erkennbaren Beitrag geleistet, außer sich nach den sich einstellenden Erfolgen mit einer Urkunde bei einem Fototermin mit dem Bürgermeister ablichten zu lassen.

[Autor: Albrecht Rotacher Bild: Wikipedia/Naturpuur Lizenz: CC BY-SA 4.0]

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