Schweiz: Urnengang im Zeichen der Greta Thunberg

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Massive Zugewinne für Grüne und Grünliberale, Verluste für alle vier Regierungsparteien

Die Schweizer gingen gestern (Sonntag, 20. Oktober) zu den Wahlurnen. Nach einer vierjährigen Legislativperiode sind die Mandate im Nationalrat (200) und Ständerat (46) neu zu vergeben. Die Anzahl der Sitze eines Kantons richtet sich nach der Bevölkerungszahl, hingegen entsendet jeder der 23 Kantone – unabhängig, ob groß oder klein – zwei Mandatare in die sogenannte kleine Kammer, den Ständerat, ähnlich wie in den USA beim Senat. Wobei allerdings drei Kantone (Basel, Appenzell, Unterwalden) in jeweils zwei Halbkantone unterteilt sind, die jeweils einen Mandatar entsenden. Diese Halbkantone sind Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Außerrhoden sowie die beiden Teile des Kantons Unterwalden: Obwalden und Nidwalden. In allen Kantonen werden die Ständeräte am selben Tag wie die Abgeordneten zum Nationalrat gewählt. Die große Ausnahme ist der eine Ständerat für Appenzell Innerrhoden. Den bestimmt die Landsgemeinde (Versammlung aller wahlberechtigten Bürger unter freiem Himmel) durch offene Stimmabgabe. Zuletzt geschah das am 28. April dieses Jahres (Ständerat wurde Daniel Fässler von der CVP). Derzeit setzt sich der Ständerat wie folgt zusammen: 13 CVP, 13 FDP (Liberale), 12 SP, 5 SVP (Nationalkonservative), je 1 von Grünen, BDP (Bürgerlich-Demokratische Partei; eine Abspaltung von der SVP) und Unabhängiger. Die Christdemokraten stellen zwar im Nationalrat eine eher kleine Fraktion, sind aber wegen ihrer Stärke in den kleinen Kantonen im Ständerat recht stark. Die Ergebnisse der Wahl zum Ständerat liegen nur zum Teil vor, weil es wegen des komplizierten Majorzsytems meist zu einer zweiten Wahlrunde kommt.

Im Nationalrat kommt es zu Mandatsverschiebungen zulasten der vier im Bundesrat (Regierung) vertretenen Parteien. In der Regierung sitzen je zwei Nationalkonservative (SVP), Liberale (FDP) und Sozialdemokraten (SP) sowie ein Christdemokrat (CVP). Die Schweizerische Volkspartei bleibt stärkste Kraft mit nunmehr 53 Sitzen (minus 12), die Sozialdemokraten erringen 39 (minus 4), die liberale Freisinnige Partei erringt 29 (minus 4), die CVP kommt auf 25 (minus 2); die Christlich-Sozialen (CSP), die nur im Halbkanton Nidwalden kandidieren, verlieren ihr einziges Mandat. Zu den Verlierern zählt weiters die SVP-Abspaltung (per 1. November 2008) BDP. Diese Bürgerlich-Demokratische Partei büßt 4 Sitze ein und hat nun bloß 3 Sitze im Nationalrat. Im Tessin geht die dortige Lokalpartei Lega dei Ticinesi eines ihrer bisher zwei Mandate verlustig. Im Kanton Genf verliert die MCR (Mouvement citoyens genevois, dt. Genfer Bürgerbewegung), eine rechte Protestpartei, ihren einzigen Sitz. Hingegen kann im Uhren-Kanton Neuenburg die kommunistische PdA (Partei der Arbeit) ihr einziges Nationalratsmandat verteidigen.

Die großen Gewinner sind die Grüne Partei der Schweiz (GPS) mit jetzt 28 Mandaten (plus 17) und die Grünliberalen (glp) mit 16 Sitzen (plus 9). Die Evangelische Volkspartei (EVP) kann sich um einen Sitz auf 3 steigern. Die EVP bildete bisher gemeinsam mit den katholischen Parteien CVP und CSP eine Fraktionsgemeinschaft im Nationalrat. Im Kanton Genf erringt die Linksaußen-Formation Ensemble à Gauche (dt. Linke Sammlung) mit der Parole l’égalité maintenant!  (Gleichheit jetzt!) ein Mandat. Ebenfalls einen Sitz (im Kanton Bern) hält nunmehr die bisher mandatslose EDU (Eidgenössische Demokratische Union).

Die Grünen fordern einen Sitz in der siebenköpfigen Regierung, da sie jetzt stärker im Nationalrat vertreten sind als die Christdemokraten. Ein Begehren, das bei den Bürgerlichen keinen Anklang findet.

[Autor: E.-.K.L. Bild: www.wikipedia.org/최광모 Lizenz: CC BY-SA 4.0]

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